Die Automobilgeschichte wunderbar präsentiert

Hans-Christian Herrmann – „Auto Unser. Kult und Krise“

von Frank Becker

Die Automobilgeschichte wunderbar präsentiert
 
Erstklassiger Schmökerstoff für lange Winterabende
- und die Ausstellung ist einen Besuch wert -
 
Seit September und noch bis zum 23. März 2024 ist im Historischen Museum Saar in Saarbrücken eine – folgt man dem begleitenden Katalog – hinreißende Ausstellung zu sehen, die alles, wirklich alles über das Automobil, seine Entwicklung und Geschichte erzählt.
Beinahe ein wenig mit einem Hauch von Blasphemie trägt sie sehr wirklichkeitsnah den Titel „Auto unser“. Aber ist es nicht wirklich so, daß das Auto in unserer Gesellschaft auf einen (sehr hohen) Thron gehoben wurde, zum per Glaubensbekenntnis angebeteten, höchlichst verehrten Objekt geworden ist, größter Stolz des Besitzers noch vor Ehefrau und Kindern?  Denn möglichst kein Stäubchen darf seinen glänzenden Lack trüben, geschweige denn ein Kratzer oder gar eine Beule seine schimmernde Schönheit schmälern.
 
Auf 384 großformatigen und in überwältigender Fülle mit prächtigem Bildmaterial ausgestatteten Seiten breitet Hans-Christian Herrmann in dem opulent aufgemachten Begleitbuch zur Saarbrücker Ausstellung fachkundig und ebenso unterhaltsam wie episch die Geschichte des Kult-Objekts Auto vor uns aus. Historische Fotos und Werbe-Seiten, Werksfotos, Plakate und Zeichnungen in Hülle und Fülle illustrieren, wofür das Auto stand und steht, welche Interessengruppen und Generationen wie angesprochen wurden und daß man das Auto als Statussymbol und Beleg für seriöse Geschäftsführung, als Spaß- und Sportgerät, als Familienkutsche und – eine leider nur begrenzte ehrliche Zeitlang – als erotische Spielwiese betrachten konnte. Dabei war es die und ist es sicher noch heute für erste Liebesabenteuer und frivole Seitensprünge.


Klassiker und Stil-Ikonen liefen von den Bändern der Fabriken in Detroit und Wolfsburg, Turin und Neckarsulm, Novo Mesto und Louisville, wahr gewordene Träume in Lack und Chrom. Das deutsche Wirtschaftswunder verkörperte sich im Kielwasser der Großmansssucht der amerikanischen Automobilproduktion am bzw. im Auto und brachte weltweit gefragte Marken hervor. Der industrielle Aufstieg Japans manifestierte sich in preisgünstigen Konkurrenten auf dem Weltmarkt, der französische Pragmatismus gestaltete einfache Autos für jedermann und der italienische Sinn für Ästhetik brachte elegante Karossen der Oberklasse hervor.
 
Der Verlag schreibt: „Keine Erfindung hat unser Leben so nachhaltig verändert und geprägt wie das Automobil. Doch während der Besitz eines Autos lange als Symbol für Wohlstand und sozialen Fortschritt galt, steht es heute häufig für Krisen und Umweltprobleme. Die Geschichte des Verbrennungsmotors kennt also eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte - die noch nie so gekonnt miteinander verknüpft wurden wie in diesem Buch. Es erzählt von Emotion und Faszination, von Krisen und Widersprüchen, von nationalen Befindlichkeiten und globalen Ansprüchen. Ein grandioser Parforceritt durch die Automobilgeschichte, illustriert mit herausragenden und seltenen Fotografien.“
 
Dieses Buch ist erstklassiger Schmökerstoff für lange Winterabende, macht Spaß und ist unter den Weihnachtsbaum als Geschenk für Auto-Fans gelegt bestens geeignet. Wer die Chance hat, sollte die Ausstellung nicht versäumen. Von den Musenblättern sehr empfohlen.
 
Hans-Christian Herrmann – „Auto Unser. Kult und Krise“
„Publikationen des Historischen Museums Saar 6.2“
Mit einem Beitrag von Ruth Bauer
© 2023 Motorbuch Verlag, 384 Seiten, gebunden, 31 x 25 cm, Lesebändchen - ISBN-13: 9783613046160
39,90 €
 
Weitere Informationen:  www.motorbuch.de  -  www.historisches-museum.org