»Musik wäscht den Staub von der Seele«

Regensburger Domspatzen und Wuppertaler Kurrende in St. Laurentius

von Johannes Vesper

Regensburger Domspatzen und Kurrende - Foto © Johannes Vesper

»Musik wäscht den Staub von der Seele«
 
Regensburger Domspatzen und Wuppertaler Kurrende in St. Laurentius
 
Von Johannes Vesper
 
Seit mehr als tausend Jahren singt der Knabenchor am Regensburger Dom, und jetzt zum zweiten Mal in Wuppertal als Gast bei der immerhin 100 Jahre Wuppertaler Kurrende. Seit 1910 werden die Regensburger merkwürdigerweise Domspatzen genannt. Man durfte also ein großes Konzert erwarten und wurde nicht enttäuscht. Bis auf den letzten Platz war die Laurentiuskirche gefüllt. Die Kurrende unter Lukas Baumann begann mit dem „Gloria“ von Knut Nystedt. Feurig, temperamentvoll, schlank und klar sangen die ca. 60 Kurrendaner unter dem deutlichen, inspirierenden Dirigat ihres Leiters. Beeindruckend, daß unter den schrägen Harmonien der Moderne die 12jährige Tochter des Jairus vom Tode erweckt wird, was andererseits aber bei dem herrlich sonoren Männerchor auch nicht verwundert (Gunsenheimer). Dieser Teil des Konzertes ging zu Ende mit dem bewegenden «Verleih uns Frieden gnädiglich» von Mendelssohn. Welch wichtige Bitte, müssen doch die Besucher eines solchen Konzerts in der Ukraine jederzeit mit einem Raketenangriff rechnen. Hans Küblbeck, der Kantor an der Basilika Minor, selbst ehemaliger Domspatz, begrüßte die Gäste herzlich, wies auf das Friedensgeläut an St Laurentius jeden Abend um 19:00 hin und als Motto für das Konzert auf das Zitat von Berthold Auerbach, 1812-1882 (siehe Titel).
 
Den zweiten Teil bestritten die Regensburger Domspatzen unter ihrem Leiter Christian Heiß. Fast virtuos, konzertant und mit warmem vollem Chorklang füllte das „Exultate Deo“ von Alessandro Scarlatti die große Kirche, deren wunderbare Akustik hier zu einem besonderen Erlebnis wurde. Modern lyrisch, mit samtenen Übergängen zwischen disharmonischen langsam fließenden Akkorden erklang „Lux Beata Trinitatis“ des 1987 geborenen Andrej Makor, bevor bei Mendelssohn die Heiden hörbar tobten. Während der Cantilena (Sonate 11, Op 148) (Orgel: Hans Küblbeck), Orgel-Oboe über leisen, dunklen, verhaltenen Registern, konnten sich die Sänger auf den Altarstufen erholen. Synkopisch rhythmisch wurde frisch bewegt danach Psalm 104 «Lobe den Herrn» gesungen, vom Domspatzenkantor komponiert. Es endete kurz und knackig mit einem kräftigen Halleluja. In wechselnden Besetzungen und mit über allem strahlenden Solosopranen zeigte sich die Qualität des berühmten Chors, der die Herzen rührte, wenn er gegen die kriegerisch-mörderische Welt ansang und sich von gelegentlicher Unruhe im Publikum nicht verwirren ließ. Der Zuhörer hörte nicht nur, er spürte und sah den Sängern ihre hohe Motivation und Wachheit, ihre Musikalität an. Zuletzt „jauchzten“ beide Chöre gemeinsam „dem Herrn alle Welt »(Mendelssohn) und endeten mit Bruckners herrlichem «Locus iste». Wieder gab es, wie schon so oft an diesem denkwürdigen Abend, großen Applaus für alle. Zuletzt entließen beide Chöre, im Kreis an den Außenwänden stehend, unter Lukas Baumann das Publikum mit drei stimmungsvollen Strophen von «Der Mond ist aufgegangen» (Max Reger) in die dunkle Nacht. Während in Israel mehr als 1.300 Menschen von Hamas-Terroristen brutal abgeschlachtet wurden, in der Ukraine unter russischem Artilleriebeschuß und Bombenhagel ungezählte Menschen umkommen und auch im Gazastreifen die Zivilbevölkerung zu Tausenden stirbt, erinnert nur Musik (vor allem auch die aus lang vergangenen Jahrhunderten) an das verlorene Paradies.


Regensburger Domspatzen - Foto © Johannes Vesper

 
Programm:
Basilika St Laurentius, 25.10.2023. Regensburger Domspatzen, Christian Heiß, musikalische Leitung. Wuppertaler Kurrende, Lukas Baumann, musikalische Leitung.
Wuppertaler Kurrende: Knut Nystedt(1915-2014): Gloria. Heinrich Schütz (1585-1672): So fahr ich hin. Gustav Gunsenheimer (*1934):Jesus und die Tochter des Jairus. Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847): Verleih uns Frieden gnädiglich.
Regensburger Domspatzen: Thomas Tallis(1505-1585): Te Lucis ante Terminum. Allessandro Scarlatti (1660-1725): Exultate Deo. Tomas Luis de Victoria (1548-1611): Aleph: Ego vir videns. Giovanni Pierluigi de Palestrina (1525-1594): Surge illuminare Jerusalem. Andrej Malor/“1987) O lux beata trinitas. Felix Mendelssohn-Bartholdy (1609-1847): Warum toben die Heiden. Josef Gabriel Rheinberger (1839-1901): Cantilena Sonate 11, Op. 148(Orgel). Andreas Raselius (1562-1602): Ego sum lux mundi. Christian Matthias Heiß (*1967): Ich will die singen (nach Psalm 104). James MacMillan (*1959) O Radiant Dawn. Philip Stopford (*1978: Ave maris stella. Josef Gabriel Rheinberger (1839-1901) “Gloria“ aus Op. 109. Felix Mendelssohn-Bartholdy (1609-1847): Jauchzet dem Herrn. alle Welt. Anton Bruckner (1824-1896): Locus iste.