Bislang unbekanntes Heine-Manuskript entdeckt

"Deutschland. Ein Wintermärchen"

von Andreas Rehnolt

Heinrich Heine - 1831 v. Moritz Oppermann gemalt
Bislang unbekanntes Heine-Manuskript entdeckt
 
Heine Institut in Düsseldorf konnte das Entwurfsmanuskript
zum "Wintermärchen" ankaufen
 
Düsseldorf - Das Düsseldorfer Heine-Institut hat nach eigenen Angaben jetzt ein bislang unbekanntes Entwurfsmanuskript des Dichters zu dessen neben der Loreley wohl bekanntestem Werk "Deutschland. Ein Wintermärchen" erstanden. Es stamme aus einer frühen Entstehungsphase des "Wintermärchens" und sei in den Vereinigten Staaten aufgetaucht. Die Bedeutung des Epos, aber auch die Tatsache, daß seine Entstehungsgeschichte insgesamt bereits gut dokumentiert ist, machten diesen Fund zu einer besonderen Überraschung, hieß es am vergangenen Freitag.
 
Das Blatt befand sich im Besitz eines Privatsammlers und wurde von einem amerikanischen Auktionshaus auf der diesjährigen Frankfurter Antiquariatsmesse angeboten. Durch das gemeinsame finanzielle Engagement von vier Partnern konnte es für das Heinrich-Heine-Institut der NRW-Landeshauptstadt erworben werden. Die Stadt, das Land, die NRW-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege sowie die Heinrich-Heine-Gesellschaft machten den Ankauf möglich.
 
Das neu aufgefundene Stück enthält den Entwurf dreier Strophen aus Caput VII., einem der Abschnitte, die in Köln spielen. Es handelt vom ebenso schläfrigen wie träumerischen Wesen der "deutschen Seele" und leitet eine der großen Traumsequenzen ein. Dort heißt es unter anderem:
 
"Franzosen und Russen gehört das Land,
Das Meer gehört den Britten,
Wir aber besitzen im Luftreich des Traums
Die Herrschaft unbestritten.
Hier, deutsche Seele, bist du groß..."
 
Der Entwurf gewährt zudem interessante neue Einblicke in den Arbeitsprozeß des Dichters, über dessen Gedanken stets das Damoklesschwert der Zensur hing. Das Heinrich-Heine-Institut verfügt über die weltweit größte Sammlung von Heine-Handschriften. Mit seinem virtuosen Wortwitz, seinen Spitzen gegen die Obrigkeit und die rückständigen politischen Verhältnisse zählt "Deutschland. Ein Wintermärchen" wohl zu den Meisterwerken der deutschen Literatur. Zugleich ist es auch ein großes Bekenntnis des exilierten jüdischen Dichters zu seiner Heimat – jenseits der von ihm so verachteten "Deutschtümelei" – und ein bewegendes Plädoyer für ein "anderes", besseres Deutschland.