Süßes Österreich

Eine kalorienreiche Verführung

von Theo Reisner

Süße Verführung - Foto © Wien Tourismus

Österreich ist doch süß!


Das Eldorado für Schleckermäuler

Unsere Nachbarn gelten als internationale Hochburg in Sachen Leckereien jeglicher Art, aber Image und Wirklichkeit klaffen mitunter auseinander. Die „echte“ Mozartkugel wollen ein Salzburger und ein Bayerischer Hersteller gleichermaßen erfunden haben, das älteste (veröffentlichte) Rezept tauchte


Der Palatschinke
Foto © Wien Tourismus
aber 1930 in Dresden auf. Der vielgerühmte Apfelstrudel wird gerne als österreichische Erfindung gefeiert, stammt allerdings aus der Türkei und begann seinen Siegeszug in Ungarn, bevor der Habsburger Hof zu Wien auf ihn aufmerksam  wurde. Der „Palatschinke“ (alias Pfannkuchen, original nur mit Aprikosenmarmelade) erging es ähnlich - sie hieß im alten Rom „Palacenta“ und erreichte in Rumänien ihre derzeitige Form, bevor sie auf dem Siegeszug in Richtung Norden kurzerhand mit dem Etikett „Made in Austria“ versehen wurde.

Maria Theresias Resteverwertung

Ist den Nachbarn überhaupt nichts Leckeres eingefallen? Aber doch. Sie haben sich zumindest auf dem Gebiet des Nachahmens mit gleichzeitigem Verbessern hervorgetan - etwa beim englischen Pudding, der in Österreich erstmals mit Nüssen und Schokolade angereichert wurde und  sogleich zum volkstümlichen Dessert aufstieg. Kaiserin Maria Theresia trug wesentlich zur Verbreitung der multikulturellen Küche bei - aus Ärger über die Verschwendungssucht ihres Hofes beauftragte sie eine Vorstadt-Wirtin mit der Verarbeitung der „Reste“ und bewies damit, wie sparsam und

 
Guglhupf 
Foto © Wien Tourismus
schmackhaft kochen kann, wer das wirklich will (bei dieser Gelegenheit kamen kaiserlich-königliche Rezepte unters Volk). Die führende Position Österreichs bei Süßspeisen beruht auch auf einem technischen Nachteil: Verfahren zur Käseherstellung mit den notwendigen Molkerei-Geräten zur Erzeugung von Sahne und Quark in großen Mengen waren in Frankreich längst bekannt, während die Alpenrepublik nicht so recht wußte, wohin mit der vielen Milch. Mit Butterschmalz zubereitete „Mehlspeisen“ boten Abhilfe, zumal sie als Fastenspeise üblich und anerkannt waren.

Vom Kipferl, der Linzer Torte und Cäcilia Krapf

Schmalz aus Schweinefett war zu kostbar, es diente  den Feld- und Waldarbeitern als Tagesproviant und galt als „gesund“. Denn Krankheitserreger und Schadstoffe  tauchen ab und zu im Schweinefleisch auf, in ihrem Speck praktisch nie. So steht es jedenfalls in alten Arzneibüchern geschrieben, die als Anhang „Speiserezepturen“ mit ersten Hinweisen auf die Zubereitung von Süßspeisen enthielten. Der Zucker machte zunächst als mildernde Beigabe zu bitteren Pillen Karriere, Kochbücher im heutigen Sinn kamen ab 1700 auf den Markt. Als literarischer Markstein gelten die „Linzer Kochbücher“ von 1827, die Nachweise für „echt österreichische“ Schleckereien

 
Festliches Naschwerk - 75 Jahre "Weißes Rössl"
Foto © Frank Becker
liefern: Das Kipferl (Hörnchen) zählt dazu, und der  „Millirahmstrudel“ (Milch-Rahm-Auflauf), angeblich kreiert in einem Wirtshaus im Wienerwald. Die beliebte „Linzer Torte“ schaffte den internationalen Durchbruch im Jahre 1822, als der Konditormeister Johann Konrad Vogel aus Bayern  in die oberösterreichische Landeshauptstadt zog. Beim „Faschingskrapfen“ ist der Ursprung umstritten - Kochbuchhistoriker widersprechen der Behauptung, die Wiener Köchin Cäcilia Krapf hätte um 1500 die typische Form mit Füllung „erfunden“, wenn auch ihr Name dafür spricht.

...werden als Mehlspeis serviert

„Salzburger Nockerl“, unter anderem von Peter Alexander im „Weißen Rössl am Wolfgangsee“


Die Salzburger Nockerl im "Weißen Rössl"
Foto © Wien Tourismus

besungen, blieben eine lokale Spezialität, weil die Zubereitung einiges Geschick, exaktes Timing und einen leistungsfähigen Backofen erfordert. Der „Guglhupf“ aus Sauerteig war die Lieblings-Süßspeise von Kaiser Franz Josef und  soll von seiner Geliebten, der Operetten-Diva

Sachertorte - Foto © Wien Tourismus
Katharina Schratt, erstmals angefertigt worden sein. Mit ihr traf sich der Kaiser „inoffiziell“ und gerne in Bad Ischl (Salzkammergut), wo in der Konditorei Zauner bis heute kaiserliche Rezepte mit großem Erfolg zum Einsatz kommen. Immerhin kauft hier Alt-Kanzler Kohl im Urlaub am Wolfgangsee persönlich ein. Die berühmteste Torte ist gut 150 Jahre alt: Der 16-jährige Kochlehrling des Fürsten Metternich, Franz  Sacher, sollte damals für seine Herrschaft etwas ganz besonderes backen, und das ist ihm wohl gelungen.  An der Gleichmäßigkeit des Schoko-Überzugs mit dem richtigen Glanz und an der Körnigkeit der Tortenmasse scheiterten schon ungezählte Hobby-Köche, vielleicht macht das die Sachertorte aus Wien so berühmt. Dort im Café Sacher, im Literatur-Café Central oder in der K&K Hofzuckerbäckerei Demel wenige Meter vom ehemaligen Kaiserhof entfernt vielleicht die besten „Mehlspeisen“ der Welt zu verkosten - wäre doch süß, oder?
                                                                                        

 


Im "Weißen Rössl" charmant serviert - Foto © Annchen Witt


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