"Leben: ein Zustürzen auf die Todesstunde" (Eugen Egner)
"Der Tod bleibt sich immer gleich, doch jeder Mensch stirbt seinen eigenen Tod." (Carson McCullers) Martin Luther faßte den Gedanken ans Sterben 1524 in ein gottesfürchtiges Lied: "Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen". Im Volksmund heißt es "Der Tod gehört zum Leben". Doch der Umgang mit ihm stellt allergrößte Anforderungen an den Verstand, an die menschliche Seele. Literatur und Philosophie haben sich seit jeher des "Rätsels Tod" angenommen, sie versuchen ihn zu erforschen, zu einem Verständnis seiner Natur zu gelangen, mit dem Ziel, ihm den Status eines begreifbaren Phänomens zu verschaffen, ihm zu einer allgemein verständlichen Akzeptanz zu verhelfen. Der fatalistischen Verklärung durch Religion stellen die Dichtung und die Geisteswissenschaften Überlegungen zur Vergänglichkeit gegenüber, die näher am täglichen Denken sind als theologischer Dogmatismus. Wir befinden und in diesen Tagen wieder mitten im alljährlichen, mit der Wucht des gesetzlich verordneten Gedenkens auf uns niederdröhnenden Monat der Trauertage: Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag, Totensonntag. Dazu Nieselregen, Nebel und heftige Winde, die mahnend an den Fensterläden rütteln und den Bäumen den Blätterschmuck entreißen. Ungemütlich wie der Gedanke ans Sterben, an Gevatter Tod oder Freund Hein - wie immer man ihn sehen mag. Das braucht es schon ein wenig Trost, den man durchaus in der Literatur oder der Philosophie finden kann. Der Diogenes Zürcher Verlag fügt der beachtlichen Zahl von Büchern mit Gedanken zum und über den Tod, die man bereits in Bibliotheken und Buchhandlungen finden kann eine Anthologie hinzu, die durchaus ihre Berechtigung neben den anderen behaupten kann: "Über den Tod". Darin finden sich in Lyrik und Prosa, der Chronologie der Zeit folgend, anders als wie es meist üblich ist, nach Themenbereichen angeordnet, Beiträge vom altägyptischen "Wer im Jenseits ist" (ca. 2100-1800 v.Chr.) bis zu Slawomir Mrozeks Groteske "Die Beerdigung". Wir lesen, was der Prediger Salomo über die Vergänglichkeit sagt, hören die Worte Sapphos, Homers, Platons und Epikurs, des Cicero, Vergil und Horaz. Hamlets Monolog "Sein oder Nichtsein" fasziniert wieder einmal in ewiger Gültigkeit, Lessings "Trinklied" handelt dem Tod eine Frist ab, Honoré de Balzac beschreibt das Erschütternde eines Suizids - der Auszug aus Patrick Süskinds "Die Geschichte von Herrn Sommer" knüpft da an. Edgar Allan Poe und Leo Tolstoi lassen auf unterschiedliche Art vor dem Tod erschauern und Georges Simenons Brief an die tote Mutter berührt tief. "Über den Tod" ist eine bewegende Sammlung, die Herz und Verstand gleichermaßen berührt, die nachdenklich macht, beruhigt und im Angesicht des Todes sogar zu erheitern vermag. Eine Empfehlung. Empfehlenswerte Lektüre zum Thema bieten auch: Johannes Pfeiffer (Hrsg.): Requiem, Henssel 1941 Johannes Pfeiffer (Hrsg.): Anfechtung und Trost..., Herder Bücherei 1960 Reinhold Schneider (Hrsg.): Die Lampe der Toten, C. Bertelsmann 1952 Ansull/Eyring (Hrsg.): ...leichthin über Liebe und Tod, Haffmans 1998 Bernd Mollenhauer: Vermischtes aus dem Reich der Toten, EVA 2000 Werner Koch (Hrsg.): Vom Tod, Insel Verlag 1987, insel taschenbuch 1037 Peter Maigler (Hrsg.): Besuch bei Toten, Insel Verlag 1985, it 871 Inge und Erich Jooß (Hrsg.): Der Tod ist in der Welt, echter 1993 Bruno H. Bürgel: Saat und Ernte, Deutscher Verlag 1942 |
![]() Über den Tod Poetisches und Philosophisches zwischen memento mori und carpe diem Hrsg. von Daniel Keel und Isabelle Vonlanthen © 2008 Diogenes Verlag 204 Seiten, Broschur, detebe 23799 Weitere INformationen unter: www.diogenes.ch |