Ein großes Konzert

Sinfonieorchester TonArt mit Mariachiara di Cosimo, Dvorak, Brahms

von Johannes Vesper

25 Jahre Sinfonieorchester TonArt, Heidelberg
 
Mariachiara di Cosimo (Uraufführung), Dvorak, Brahms
 
Sie stammt aus den Abruzzen und wurde musikalisch von den Blaskapellen der umliegenden Bergdörfer sozialisiert. Bald machte sie mit, blies Klarinette, fing Feuer. Mariachiara di Cosimo studierte Klarinette in Rom und setzte das Studium an der Musikhochschule Mannheim (Sidney Corbett) fort. Ihre gemeinsam mit Emanuelle Savagnone komponierte Oper „Elisa“ wurde in diesem Jahr in Heidelberg uraufgeführt. Jetzt erfuhr ihr Werk „Durch die Nebel“ mit dem Heidelberger Sinfonieorchester „TonArt“ in Mannheim eine weitere Urauffühung. Nach kurzem Knartz der Bässe begannen sich mit feinem Flageolett und Tremolo aller Streicher musikalische Nebelschwaden zu verbreiten, aus denen sich nicht wie bei Brucknerschem Urnebel sinfonisch-orchestrale Dramatik sondern opulente, „stehende“ Klangräume oder Klangflächen entwickelten, die zum Träumen darüber einluden, was sich wohl dahinter verbirgt. Musikalische Struktur boten gelegentliche Orchesterschläge. Bei der Einführung zum Konzert gestand die junge Komponistin, daß sie das Gemälde „Wanderer über dem Nebelmeer“ von Caspar David Friedrich inspiriert habe. Viel Applaus gab es für diesen wunderbaren zeitgenössischen „Appetizer“ als Ohrenöffner zu Beginn des Konzerts der 25. Saison dieses nicht professionellen, gleichwohl voll besetzten Sinfonieorchesters (70 Mitglieder bei diesem Konzert). Zur informativen wie unterhaltsamen Konzerteinführung 30 Minuten vor Beginn wies Marcus Imbsweiler daraufhin, daß man bei jedem Konzert seit der Gründung eine Uraufführung gespielt habe, was durch die Nähe zur hiesigen Musikhochschule begünstigt worden sei. 
 

TonArt Heidelberg, Till Schuler - Foto © Johannes Vesper

Anschließend stand das berühmte Konzert für Violoncello und Orchester op. 104 von Antonin Dvorak (1841-1904) auf dem Programm. Nach langer orchestraler Einleitung übernahm der junge Cellist Till Schuler energisch mit ungeheurer Verve und Präsenz (SWR2NewTalent 2023) das musikalische Geschehen. Er studiert aktuell bei Jean Guihen Queyras. Temperamentvoll, lebendig, souverän und makellos auch bei den schwierigsten Passagen, gestaltete er mit Feuer und ebenso aktiv wie sensibel dieses spätromantisch hochemotionale Solokonzert. Mit zartesten Übergängen aus dem Pianissimo, feinen agogischen Seelenschwankungen, wie in dem herrlichen Thema des 2. Satzes, spürte der junge Musiker  „der Wollust seines Herzens“ wie auch der des Komponisten nach, handelte es sich dabei doch um das Lieblingslied von dessen Jugendliebe. Unter dem sorgfältigen wie souveränen Dirigat des erfahrenen und zupackendem Dirigenten Knud Jansen, der seit 10 Jahren das Orchester leitet, fügte sich das stets aufmerksame Orchester - herrliche Soli im Zusammenspiel mit der Konzertmeisterin - dem Temperament des Solisten. Und das Publikum hielt es am Ende nicht mehr auf den Stühlen aus. Großer Applaus, Bravi, Bravissimi, Blumen für den Solisten! 
 
Nach der Pause gab es die 1. Sinfonie von Johannes Brahms (1833-1897), die der berühmte Hans von Bülow die 10. genannt hatte, sie also in der Folge Beethovens sah. Schicksalhaft mit unaufhaltsamem Paukenostinato entwickelte sich unter typischen Brahmsschen Synkopen, Überbindungen, fallenden Triolen und absteigenden Septimen der groß angelegte 1. Satz, von dessen „wunderbarer Schönheit“ Clara Schumann bereits 16 Jahre vor der Fertigstellung der Sinfonie geschwärmt hatte. Weniger beunruhigend wirken die Triolen des 2. Satzes. Herrliche Soli der Holzbläser und das in den Himmel aufsteigende Violinsolo am Ende beglückten. Eher heiter stimmte das un poco Allegretto e Grazioso des 3. Satzes bevor im letzten Satz nach bedrohlichem Crescendo, wütendem Pizzicato endlich das alles erlösende sonore Horn erklingt, abgelöst wird von der hellen Flöte und die Geigen das Finale mit dem gesanglichen Hauptthema loslegen. Inzwischen in strahlendem C-Dur, stürmte die Sinfonie ihrem Ende zu. Nach erneut starkem Applaus, Blumen für den Dirigenten und stehenden Ovationen entließ das Orchester das beglückte Publikum mit dem Ungarischen Tanz Nr 5. Ein großes Konzert.


Sinfonieorchester TonArt, Knud Jansen (Mitte) Foto © Christoph Ryll

Das Konzert wird am kommenden Sonntag wiederholt:
(Sonntag, 23.07.2023, 19:00 Uhr, Rudolf- Wild-Halle, Schulstr. 2, 69214 Eppelheim).