Vielfach Groß!

Abschied von Prof. em. Dr. Heinz Rölleke

von Marduk Buscher

Das Foto entstand bei einem meiner letzten Besuche im Goetheweg, am 18. Mai 2023 - Foto © Marduk Buscher

Vielfach Groß!
 
Ein großer Wissenschaftler ist gestorben: Prof. em. Dr. Heinz Rölleke ist am 2.6.2023, kurz vor Vollendung seines 87. Lebensjahres endgültig von seinem Schreibtisch aufgestanden.
Bis zuletzt hat er täglich an seinen Aufsätzen für die „Musenblätter“ und zwei weitere geplante Buchausgaben in den „UNI-Editionen“ gearbeitet. Groß war zuletzt sein körperliches Leiden, aber die Arbeit halte ihn am Leben, sagte er mir bei unserem letzten Telefonat vor vielleicht drei Wochen.
 
Groß ist der Verlust für die Germanistik, die Volkskunde, die Märchen-Wissenschaft. Größer ist er für die Menschen, die ihn liebten: seine Frau Hannelore Tute, seine Familie, Kinder, Freunde und ehemaligen Studenten …
Auch sein Herz war groß, seine Herzlichkeit, sein Humor, sein Wissen, seine Lebensfreude!
Groß war die Präsenz seiner sonoren Stimme, mit der er ganze Hörsäle, aber auch kleinere Tischrunden zum neugierigen Zuhören bringen konnte.
 
Er nahm uns gleich gefangen: 1978 ab dem Wintersemester. Der Mann konnte erzählen, er konnte Zusammenhänge plausibel machen, scheute nie den Zeitbezug, die Anspielung auf das allzeit Menschliche oder die humoristische Zeitkritik, die ihm niemand übel nehmen konnte, weil sie von ehernen Prinzipien und großer Moral getragen war. Auch, als meine Frau und ich nach zwei oder drei Semestern aus persönlichen Gründen an die UNI nach Bonn wechseln mußten, blieben wir seinem Haupt- und Oberseminar am Freitagnachmittag treu: noch bis zum Studienabschluß 1984/5 blieben wir der Bergischen Universität als Zweithörer erhalten. Genaugenommen nur diesem einen, großen Lehrer, Heinz Rölleke.
 
Dann verlor man sich aus den Augen. Bis zu seiner Emeritierung wechselten noch ein paar Neujahrsgrüße hin und her, dann brach unser Kontakt fürs erste ab.
Nach bedauerlich großer Pause führte Frank Becker uns wieder zusammen. Als dieser, meine Frau und ich unseren früheren Professor im Jahr 2017 zu Hause in Neuss besuchten, wurden wir von des Professors großer Gastfreundschaft überwältigt. Groß war die Überraschung, daß er sich noch genau an uns erinnerte, er seinem Bedauern Ausdruck gab, daß wir damals nicht in Wuppertal geblieben seien. Er hätte sich eine intensivere und längere Zusammenarbeit gewünscht. Welch eine Ehre! Hätten wir es doch nur damals geahnt oder wahrgenommen!
 
Dazu ergab sich nun Anlaß: ein erster Band seiner Aufsätze in den Musenblättern sollte vom früheren Verlag nicht wieder aufgelegt werden, ein zweiter Band befand sich schon in der Pipeline. Da konnten wir spontan einspringen, brachten die beiden Bände im eigenen Verlag neu heraus und zuletzt noch eine kleine Sammlung von Gedichten und Aphorismen aus 60 Jahren seiner großen Sammel-Leidenschaft. Für diesen Herbst waren zwei weitere Bände mit Aufsätzen geplant, die nun – wenn von der Familie noch gewünscht – posthum erscheinen dürften.
 
Mit jedem Satz höre ich seine Stimme, spüre den hintergründigen Humor, das große Verständnis für alles Menschliche.
So bleibt er denen, die ihn kannten, erhalten: sein großer Geist steigt aus seinen Worten und verschafft Klarheit, Verständnis, Verbundenheit.
 
In großer Dankbarkeit und Anerkennung
 
Marduk Buscher - Monika Buscher