Lebensabend im Eigenheim

Lindner will Verzicht auf Grunderwerbssteuer

von Lothar Leuschen​

Foto © Anna Schwartz
Lebensabend im Eigenheim
 
Lindner will Verzicht auf Grunderwerbssteuer
 
Von Lothar Leuschen​
 
Bundesfinanzminister Christian Lindner appelliert, in Deutschland auf die Grunderwerbsteuer zu verzichten. Damit stimmt der Vorsitzende der Freien Demokratischen Partei wieder einmal den größten Hit der FDP an. Steuersenkungen oder deren ersatzloses Abschaffen wie im Fall der Hotelsteuer sind das Steckenpferd der Liberalen. Leider wird es nicht allzu häufig aus dem Spielzeugstall geholt. Aber bisweilen kann ja auch helfen, einfach nur darüber zu reden, die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten. Im Falle der Grunderwerbsteuer wäre das finanziell so gar ein echtes Pfund. Denn es ist in jeder Hinsicht teuer, in Deutschland die eigenen vier Wände zu bauen oder zu erwerben. Das liegt in erster Linie an Baukosten und Immobilienpreisen, in zweiter Linie aber auch an Gebühren für Notare und Behörden. Und obendrein hält Vater Staat die Hand auf. Der heißt in diesem Fall allerdings nicht Bundesrepublik Deutschland, sondern Bayern, Hessen oder Nordrhein-Westfalen. Grunderwerbsteuern sind Ländersache. Und schon entpuppt sich Lindners Charmeoffensive als Luftblase.​
 
Dabei hat es Sinn, nachzudenken, ob Grunderwerbsteuern für selbstgenutzte Immobilien noch zeitgemäß sind, wenn sie es denn je waren. In NRW beispielsweise schlägt dieser Posten mit 6,5 Prozent des Kaufpreises zubuche. Bei 300 000 Euro sind das immerhin annähernd 20 000 Euro, die von den meisten Käufern zusätzlich teuer finanziert werden müssen. Da aber der Bundesrat, also die Länderkammer, über die Abschaffung der Grunderwerbsteuer befinden muß, wird es vermutlich beim frommen Wunsch des Ministers bleiben. Die Länder werden sich wohl kaum selbst einen Geldhahn zudrehen.​
 
Das ist einerseits verständlich, andererseits kurzsichtig. Denn das reiche Deutschland bildet in Europa mit der Schweiz das Schlußlicht bei der Eigentumsquote. Dabei kann Eigentum helfen, Altersarmut zu vermeiden. Es wäre also im Interesse der Gesellschaft insgesamt, wenn mehr Menschen Eigentum bilden könnten. Dazu ist es notwendig, entweder die Kosten zu senken oder die staatliche Unterstützung zu erhöhen. Damit läge der Ball wieder im Feld des Bundesfinanzministers.
 
 
Der Kommentar erschienen am 31. Mai 2023 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.