Auf den Spuren der Savoyer
Ein Besuch im königlichen Piemont
Nun ist gerade der Oktober nicht eben der günstigste Monat für eine Reise ins Piemont, aber sogar unter dem lastenden Nebel des Herbstes kann die Region im Nordwesten Italiens einen gewissen Charme entwickeln, dann nämlich, wenn man durch die jetzt menschenleeren, sonnenlosen Parks der Savoyer-Sitze schlendert oder die schier endlosen Gänge und Zimmerfluchten der als Museen geöffneten Schlösser durchwandert. Beim Blick durch die Fenster sieht man mit den Augen der einstigen Bewohner die Welt wie verwunschen im rätselhaften Grau versinken. Wo im Sommer reges Treiben herrscht, kehrt nun Stille ein. Und doch, wer ein wenig genauer hinschaut, findet auch jetzt, außerhalb der touristischen Saison Betrachtens- und Erlebenswertes. Denn längst nicht alles ruht, sondern geht in gelassenerem Schritt. Und der eine oder andere Sonnenstrahl schafft auch jetzt den Weg durchs Grau, gibt mit seinem milden Licht gemütvolle Momente und läßt das Piemont, das im Sommer funkelt und gleißt, sanft schimmern.
Geschichte: Reichtum und Hypothek
Die landschaftlich abwechslungsreiche und geschichtsträchtige Provinz im Nordwesten Italiens mit ihrer Hauptstadt Turin und ihren sieben Provinzen Cuneo, Asti, Alessandria, Novara, Vercelli, Biella sowie Verbano-Cusio-Ossola birgt neben ihrer Vielzahl prächtiger Schlösser, Palazzi, Castelli, Villen und Herrensitze aus königlicher Zeit, in denen eine kaum überschaubare Menge an Kunstwerken vom 15. bis zum 19. Jahrhundert den Kulturreisenden erwartet, auch herausragende Sammlungen moderner Kunst, wie u.a. die Pinacoteca Giovanni e Marella Agnelli in Turin und die Kunstsammlung Castello di Rivoli. Überhaupt Turin: in der Stadt mit rund 900.000 Einwohnern, die ehemals Sitz der Könige war, wird für die Augen viel geboten. Architekturen und Kunstsammlungen aller italienischen Epochen, herrliche Plätze, elegante Cafés, schicke Modegeschäfte und für trübe Tage Museen, in denen man sich verlieren kann. So gibt es dort das Ägyptische Museum (Museo Egizio), das, wenn auch hoffnungslos verstaubt und muffig wirkend - wie nebenbei bemerkt auch einige der überladenen Schlösser - immerhin nach Kairo die zweitgrößte Sammlung antiker ägyptischer Kunstschätze der Welt hat. Das beeindruckende Gebäude der Mole Antonelliana, das einst als Synagoge geplant war, birgt heute das nationale italienische Filmmuseum – unbedingt einen Besuch wert!
Weitere Informationen unter: www.regione.piemonte.it und www.comune.torino.it
Wer sich auf die Spuren der Savoyer begeben will, kann gleich hier in Turins Mitte beginnen: der Palazzo Reale (Königspalast) liegt zentral an der Piazetta Reale zwischen Po und Dora Riparia, gleich nebenan der Palazzo Madama und das alte Zeughaus und quasi „um die Ecke“ an der Via Accademia delle Scienze, 5 der Palazzo Carignano, ein barockes Meisterwerk von Guarino Guarini. Einst war er Sitz des ersten italienischen Parlaments, heute ist er Sitz des Nationalen Museums des Italienischen Risorgimento.
Venaria Reale und Dolce Stil Novo 17 ehemalige Savoyer-Residenzen hat das Piemont zu bieten, einigen davon statten wir einen
Auch einen kulinarischen Grund gibt es, Venaria Reale zu besuchen, nämlich das in den Räumlichkeiten eines Seitenflügel des Schlosses gelegene Spitzenrestaurant „Dolce Stil Novo“ von Alfredo Russo, das bei striktem Understatement eine der besten Küchen des Piemont führt. Wer dort die Wirsingroulade im Nudelteig, den butterzart gegrillten Tintenfisch mit Kapersauce und die göttliche geschmorte Rinderwange gekostet hat, ist dem Himmel bereits ein ganzes Stück näher gekommen und das königliche Schloß wird zur Nebensache. Informationen unter: www.lavenariareale.it und www.dolcestilnovo.com
Zeitgenössische Kunst in historischen Mauern Das Castello Rivoli im gleichnamigen Ort nahe Turin, ein groß angelegtes Bau-Projekt aus dem 18.
Dieses Museum ist ein wirkliches Muß für Freunde zeitgenössischer Kunst, ein Ausflug lohnt. Informationen: www.castellodirivoli.it
Racconigi Der kleine Ort Racconigi in der Provinz Cuneo mit seinen nur knapp 10.000 Einwohnern birgt eine der kostbarsten Schloßanlagen der Savoyer. Schon im 14. Jahrhundert als Festung gegründet, wurde das mächtige Gebäude mehrfach umgebaut, 1676-1679 von Guarino Guarini, 1755-1757 von Giovanni Battista Borra, weitere Anbauten von Ernesto Melano kamen noch Mitte des 19. Jahrhundert dazu. Besonderen Ruhm genießen das chinesische Zimmer, das Russische Haus, das Herkules- und das Diana-Zimmer mit den prächtigen Wand- und Deckenmalereien. Kulturhistorisch besonders interessant sind die mit Original-Stücken eindrucksvoll so ausgestatteten Schloßküchen, Wohnräume der königlichen Kinder und der Bediensteten verschiedener Ränge, daß man jeden Moment erwartet, sie eintreten zu sehen. Der Park in den enormen Maßen von 178 ha und mit altem Baumbestand von 36 Arten wird von etwa
Informationen: www.ilcastellodiracconigi.it
Savigliano Das 20.000-Einwohner-Städtchen Savigliano (1187 waren es weniger als 1.000) in der Provinz Cuneo hat zwar kein Savoyer-Schloß, doch seine geschichtliche Bedeutung ist deshalb nicht
Wer den Abend mit einem Dinner im Restaurant „El Brandé“ und seiner sensationellen Küche in der Via Saluzzo 101 beschließt, ist bei allen landestypischen Gerichten, vor allem gegrilltem Fisch und Fleisch auf der absolut sicheren Seite - und der Arneis, der dort gut gekühlt serviert wird, ist ein Göttertropfen. Hier ist aber auch ein Warnung für Reisende angebracht, die Wert auf ihre Ruhe und eine gepflegte Umgebung legen: nur wirklich anspruchslose oder restlos verzweifelte Besucher werden im Hotel Gran Baita absteigen! Informationen: www.comune.savigliano.cn.it
Relikte der Renaissance
Im benachbarten Weinberg der Azienda Maero Emidio findet sich ein bis unter das Dach mit historischem Gerät jeglicher Couleur vollgestopftes kleines Museum, das der dortige Winzer zusammengetragen hat und gerne erläutert.
Kehren wir nach all den Besichtigungen noch einmal nach Turin zurück, um im San Carlo oder bei Baratti e Milano einen Caffé und ein Lunch zu nehmen und einen Bummel durch die bunten Einkaufsstraßen, Arkadengänge oder über die belebte Piazza San Carlo zu unternehmen, in der Gelateria "Pepino" ein Eis oder im Baratti Nougat zu naschen, im „Tre Galli“ zu Abend zu essen und eine kleine Bilanz zu ziehen. Es gibt weit freundlichere Jahreszeiten als den Oktober, um die Schönheiten des Piemont kennenzulernen. Darauf sollte sich der Reisende einstellen. Wer jedoch nur an den unzähligen Museen, Palästen und Restaurants interessiert ist, kann sich sogar dann dort wohl fühlen. Festes Schuhwerk, eine Wetterjacke und ein Schirm gehören dann unbedingt ins Reisegepäck. Und auf den Fotoapparat kann man beinahe verzichten, denn die Landschaft gibt unter dem lastenden Nebel nichts her - und in den Savoyer-Schlössern und Museen ist das Fotografieren strikt untersagt.
Doch kann es in der Weltstadt Turin mit ihrer undurchsichtigen Verkehrsführung - nehmen Sie am
Wer mehr über Turin und das Piemont wissen möchte, schaut hier nach: www.regione.piemonte.it und www.comune.torino.it |