Der alte Mann und sein Hund (33)

(ein Paderborn-Spezial)

von Erwin Grosche

Der Dom zu Paderborn - Foto © Frank Becker
Der alte Mann und sein Hund
 
Folge 33
(ein Paderborn-Spezial)
 
Der alte Mann ging mit seinem Hund spazieren. Er seufzte und schloß seinen Schirm. Die Sonne war aus dunklen Wolken gekommen und ließ Scharbockskraut am Wegesrand und Pestwurz am Paderufer den Frühling ankündigen. Auch in den Gärten blühten schon Krokusse und lockten Bienen und Hummeln an. „Paderborn blüht auf“, sagte eine Frau, die ihm entgegenkam und auch einen Hund an der Leine führte. „Das heißt nicht Paderborn blüht auf“, sagte der alte Mann. „Es heißt Paderboaarn blüht auf“, sagte der alte Mann. „Die ersten beiden Silben des Stadtnamens werden zusammengezogen und die Betonung gehört nach hinten.“ „Pader-born?“, fragte die Frau unsicher. „Jetzt kommen wir der Sache schon näher“, sagte der alte Mann. „Die dritte Silbe wird jetzt noch mit drei a`s angereichert, dann hört man, daß sie ein großes Herz haben.“ „Paderboaaarn?“ „Ja“ sagte der alte Mann. „Geht doch.“ Die Frau seufzte und ließ ihren Hund von der Leine. Sie standen auf den großen Paderwiesen beim St. Johannisstift-Krankenhaus und schauten ihren spielenden Hunden zu.
       „Jetzt wohne ich schon dreißig Jahre in Paderboaaarn“, sagte sie. „Und man merkt mir immer noch an, daß ich aus Dörenhagen komme.“ Der alte Mann seufzte. „Eigentlich muß man einmal in die Pader gefallen sein, um als Paderborner anerkannt zu werden“, sagte der alte Mann. Die Frau lachte. „Geht es nicht ein bißchen einfacher?“ Der alte Mann überlegte. „Früher reichte es mit Taxi Hermesmeyer zu fahren, aber die gibt es ja nicht mehr.“ „Ich habe jetzt mal ein Ükernbrot vom Bäcker Mertens gegessen.“ „Das ist ein Anfang“, sagte der alte Mann. „Noch sicherer ist natürlich bei Weyhers einen Apfelkuchen oder sogar Bratkartoffeln zu essen.“ „Da habe ich ja noch einiges vor mir“, sagte die Frau. Der alte Mann überlegte. „Es würde auch gut tun, einmal in der Bartholomäuskapelle das Paderbornlied zu singen.“ „Ich habe jetzt mal den Honig von unserem Bürgermeister probiert und spiele mit dem Gedanken den DOM zu abonnieren“, sagte die Frau. „Sie sind auf einem guten Weg“, sagte der alte Mann. „Man kann das Procedere natürlich abkürzen, indem man einfach einen Paderborner heiratet.“ Die Frau stutzte und warf ihrem Hund einen Stock zu. „Das ist nicht ihr Ernst“, sagte sie. „Da kann ich aber nur lachen.“ Der alte Mann nickte. „Sie haben es begriffen“, sagte er. „Wenn man über sich selbst lachen kann wird man automatisch zum Paderborner oder zur Paderbornerin.“ So lachten beide und fühlten sich zu Hause in der aufregendsten Stadt der Welt.
 
Erwin Grosche
 

Erwin Grosches Web-Seite: www.erwingrosche.de