Die Ästhetik des Normalen

Gerhard Weber – „Aktfotografie 1970-2020“

von Frank Becker

Titelfoto © Gerhard Weber (Grimma)
Die Ästhetik des Normalen
 
Gerhard Webers Aktfotografie
 
So unfrei die DDR auch war, ihre Bürger und Künstler schufen sich im Alltag und im künstlerischen Schaffen beharrlich ihre Nischen der Freiheit. Die Freikörperkultur an der Ostsee und anderswo einerseits und die überwiegend schwarz-weiße Aktfotografie als künstlerisches Ausdrucksmittel waren zwei der Ventile dazu, geschätzt von Akteuren und Betrachtern, gepflegt und zu hoher Blüte gebracht von einigen bis heute namhaften und geschätzten Fotografen. Junge Frauen in der DDR stellten sich gerne und selbstbewußt dem unbestechlichen Blick der Kamera (A.O.) und Publikationen wie „Das Magazin“, Fotokino-magazin, Fotomagazin oder der „Eulenspiegel“ zeigten die ungekünstelten Bilder. Einige der Fotokünstler aus DDR-Zeiten, darunter Gerhard Weber (Grimma), dessen Buch wir heute die Freude haben vorzustellen,  konnten Ihnen die Musenblätter in den zurückliegenden Jahren näher bringen. Gerd Rattei, Gerhard Vetter, Helmut Stege, Joachim Kirchmair, Lothar Pötzl, Rudolf Schäfer,  Günter Gueffroy (†) und Klaus Ender (†) gehören ebenfalls dazu.
 
Der Verlag Bild und Heimat bemüht sich mit seinen Bildbänden und Kalendern liebevoll darum, die Erinnerung an die ästhetisch anspruchsvolle, selbst in der Inszenierung natürliche Aktfotografie aus einem verschwundenen Land, das immerhin für zwei Generationen Heimat war, wach zu halten. Der jährliche Kalender „Schön nackt“ stellt einige der Fotografen vor. Für 2017 wurde schon einmal der  vielfach ausgezeichnete, 1940 in Berlin geborene und in Grimma lebende Fotograf Gerhard Weber ausgewählt, der sich insbesondere in den späten 1980er Jahren der anspruchsvollen künstlerischen Aktfotografie gewidmet hat. Die zwölf Monatsblätter des Kalenders zeigten damals einen Ausschnitt der Bandbreite seiner Arbeit, weibliche Akte im Kontrast bzw. Miteinander mit der Natur, ungeschminkte Portraits in Alltagsumgebungen, dabei vielfach weg von ästhetischer Harmonie und Spiele mit Licht, Schatten und Strukturen. Der nun vorliegende Bildband zeigt einen etwas größeren Ausschnitt aus 50 Jahren fotografischer Arbeit, wovon nur die ersten 20 Jahre noch die „alte“ DDR spiegeln. Wer den Kalender verpaßt hat, kann die meisten Motive jetzt im Buch finden.
 

© Gerhard Weber (Grimma) 1970

Zitat: „Aktfotografie sei für ihn die schönste Nebensächlichkeit bei seiner Arbeit, sagt Gerhard Weber. Nicht minder beiläufig zeigen seine Bilder Frauen, aber auch Männer mitten aus dem Leben und Alltag herausgegriffen. Menschen, die keinen Idealmaßen und keinem Optimierungswahn folgen, die vielmehr ganz sich selbst bewußt sind und natürlich schön aussehen. Dabei geht es dem Fotografen nicht um das bloße Nacktsein, sondern um persönliche Ausstrahlung, um das Ja zum eigenen Körper, ohne Scham und Unsicherheit - und um die Wahrung der menschlichen Würde.“
 

© Gerhard Weber (Grimma) 1970


© Gerhard Weber (Grimma) 2001

Gerhard Weber, Jahrgang 1940, geboren in Berlin. Lebt und arbeitet als freischaffender Fotografiker(AFIAP) in Grimma.
Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst. Von 1970 bis 1986 Bildreporter der Leipziger Volkszeitung. 1964 gründete er die Grimmaer Fotogruppe. Mitglied im Verband Bildender Künstler der DDR Mitglied im Journalistenverband der DDR Vielzahl von Personalausstellungen (u. a. Litauen, USA, Polen, Tschechien). Ausstellungsbeteiligungen im In-und Ausland. Preisträger auf nationalen und internationalen Ausstellungen.
Gerhard Weber ist Mitglied im Sächsischen Fotoverband und im Deutschen Verband für Fotografie.
 

© Gerhard Weber (Grimma) 2009

Gerhard Weber – „Aktfotografie 1970-2020“
© 2022 Verlag Bild und Heimat, 80 Seiten, gebunden,  21x28 cm - ISBN-13: 9783959583404
Mit einer Einleitung von T.O. Immisch
14,99 €
 
Weitere Informationen: www.bild-und-heimat.de