Elf Freunde sollt ihr sein

Eduard Bass – „Klapperzahns Wunderelf“

von Frank Becker

Titelzeichnung von Walter Trier
Elf Freunde sollt ihr sein

Man muß kein Fußballfan sein, ja nicht einmal die Regeln des Kampfes von 22 Recken um das runde Leder kennen, um dieses Buch zu lieben. Ja sogar der bisherige Fußballgegner wird sich dem Charme dieses kleinen heiteren Romans nicht entziehen können - und nach den ersten paar Sätzen auch gar nicht mehr wollen.
Eduard Bass erzählt in „Klapperzahns Wunderelf“ die Geschichte eines armen böhmischen Häuslers und seiner elf Söhne, die er mangels beruflicher Aussichten und vor allem mangels barer Taler in der Hauswirtschaftskasse einer sportlichen Mode der Zeit folgend kurzerhand zu einer Fußballmannschaft formt und so gut einstellt, daß die sommersprossigen Orgelpfeifen innerhalb kürzester Zeit von Nieder-Buckwitz aus die Klassen und Ligen im Fluge nach oben durcheilen: „Mit echt hussitischer Kühnheit erobert (...) die Klapperzahn-Elf Ruhm in der ganzen Welt“. Sie siegen immer - :0!

Ein modernes Märchen ist das, mit Königen, Prinzen und Menschenfressern, mit abenteuerlichen Reisen und so dichten, spannenden Fußballreportagen, daß später allenfalls noch der legendäre Kommentar Herbert Zimmermanns beim Gewinn des Jules Rimet-Pokals der deutschen Elf gegen Ungarns Fußballstars anno 1954 in Bern mithalten kann. Wie ein Märchen baute Eduard Bass seinen Roman 1922 auch auf: „Es war einmal...“.
Zugleich nahm Bass aber auch relativ unverblümt durchaus reale sportliche und politische Zusammenhänge in den Blick. Die ans Ende gestellten Anmerkungen des Herausgebers geben dazu kundig und detailliert Auskunft. Berühmte Fußballspieler und Vereine dieser noch WM-freien Zeit, in der aber doch schon gut bezahlter Profi-Fußball gespielt wurde, finden Erwähnung, die Konflikte der damaligen ČSR mit dem Nachbarn Ungarn, der Ulster-Konflikt, der erst jetzt, 93 Jahre später, einer wirklichen Lösung zu nähern scheint.

Vor allem aber ist es ein Buch voller Schalk und unbändigem Humor, mit feiner Ironie, liebenswerten Flunkereien und herrlicher Sprache zu einem bunten Panoptikum skurriler Mitmenschen und turbulenter Ereignisse fabuliert. Wer die editorischen Notizen zur Übersetzung liest, bekommt einen Begriff von der Liebe und Sorgfalt, mit der diese kleine literarische Kostbarkeit neu ins Deutsche übertragen worden ist. Die hübschen Text-Illustrationen von Josef Čapek und das für Walter Trier typische wunderschöne Titelbild runden das Gesamtbild zum Perfekten. „Klapperzahns Wunderelf“ habe ich 2007 zum ersten Mal gelesen, seither wiederholt und sicher aber nicht zum letzten Mal. Das ist der wahre Geist des Fußballs. Sehr zu empfehlen!
 
Eduard Bass – „Klapperzahns Wunderelf“
Hrsg. Stefan Zwicker, mit einem Nachwort, Literaturliste und Anmerkungen des Herausgebers sowie Anmerkungen zur Übersetzung und zu den Illustratoren vom Verleger und Mitübersetzer Christoph Haacker
© Eduard Bass Erben
© der deutschen Übersetzung 2007 Arco Verlag, Reihe ORCA, 170 Seiten, gebunden, mit farbiger Deckel- Illustration von Walter Trier und Textillustrationen von Josef Čapek

Die gebundene Ausgabe von 2007 ist mittlwerweile vergriffen, der Verlag hält aber eine im Oktober 2022 aus aktuellem Anlaß neu aufgelegte → Paperback-Ausgabe vor.

Weitere Informationen: www.arco-verlag.com