Das Ende der Illusionen

Marunde unternimmt "Expeditionen in die Provinz"

von Frank Becker

© Marunde - Lappan Verlag
Das Ende der Illusionen

Marunde unternimmt
"Expeditionen in die Provinz"

Kleine Gemeinheiten und große Wahrheiten



Unter sich
  bedrohlich auftürmenden Noldeschen Aquarellwolken hadern im Reet-gedeckten ländlichen Anwesen zweie mit ihrer voreiligen Entscheidung, Silvester allein am Kamin zu verbringen

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(S. 10). Halbherzige Teilnehmer am Überlebenstraining lassen sich vom Pizza Express Cannelloni ins Survival-Zelt liefern (S. 14). Zwei leicht übergewichtige Jugendliche stellen entsetzt fest, daß sie in den Bergen "kein Netz" haben und völlig von der Welt abgeschnitten sind (S. 59).
Wolf Rüdiger Marunde nimmt in seinem neuen Band "Expedition in die Provinz" mit bissigen Bildern wieder allfällige Zeiterscheinungen aufs Korn, räumt mit Illusionen auf und präsentiert hinterhältig ehrlich Wahrheiten, die manch einer vielleicht gar nicht wissen will. Marunde-Kenner aber wollen  -  und bekommen.

Die aufwendigen Reproduktionen der Öl- und Aquarell-Bilder des "deutschen Deix" zeigen mit feiner Ironie und derbem Humor,  bösartigem Stich und liebevollem Strich in
allen Facetten des  Cartoons ein recht genaues Bild unserer Gesellschaft. Zugleich spielt er mit den Genres, parodiert (siehe unten) und übt sich in liebenswerter Übertreibung.

Das tägliche Grauen, das Mann mit den frustrierenden Freundschafts-Vorschlägen moderner Frauen erlebt (S. 79), weiß Marunde bis ins Detail der Tiffany-Lampe "Weinranke" ebenso treffend zu

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illustrieren wie das brisante Thema "Ambulante kosmetische Chirurgie im Barkas" (s.o./S. 11).
Alle Welt, sogar unsere schlaue, sonst nur an kaum einer Äußerung festzumachende unverbindliche kleine Kanzlerin spricht neuerdings von der zu erwartenden Klima- Katastrophe. Marunde hat das schon in Öl gemalt (S. 45).

Marundes Leben auf dem Lande in Lüchow-Dannenberg, sein Umgang mit der Dorfbevölkerung und den ins ländliche Exil geflüchteten Feng-Shui-Städtern sowie seine ironische Distanz zu den Eigenarten der Menschen geben dem Satiriker ganz offensichtlich reichlich Impulse für ein Cartoon-Schaffen, das ihm schon nach seinem Frühwerk in "Der kleine Tierfreund" einen Platz in der Spitzengruppe der Elite deutscher satirischer Zeichner gesichert hat. 
"Expedition in die Provinz" gehört nach "Landleben" und "Land unter" in die Bibliothek eines jeden Cartoon-Freundes.




Amüsant das oben erwähnte Spiel mit den Genres, hier am Beispiel der genialen Tuborg-Werbung von Erik Henningsen. Wer kennt nicht den geradezu brennenden Durst vermittelnden schwitzenden

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Erik Henningsen

Erik Henningsen - Den tørstige mand
© Bryggeriet Tuborg
Herrn, der auf dem berühmten Plakat für die bekannte dänische Biermarke wirbt. Wolf Rüdiger Marunde hat die 100 Jahre zwischen ihm und heute köstlich und kongenial überbrückt.


Marunde
Expeditionen in die Provinz
© 2007 Lappan Verlag
80 farbige Seiten, Hardcover  -  24 x 31,5 cm  -  I
SBN 978-3-8303-6153-7
19,95 €

Weitere Informationen unter : 

www.lappan.de   www.wolf-ruediger-marunde.de