Kühle Erotik

Alexander Stingl – „Aktfotografie 1984-2018“

von Frank Becker

Kühle Erotik
 
Akt aus der Distanz
 
Der Verlag Bild und Heimat, dessen Serie von Aktbildbänden sich auf die Arbeit von Fotografen aus der DDR fokussiert, stellt aktuell noch einmal den Dresdner Alexander Stingl vor, der 2014 dort bereits durch den Band „Women“ und in der Folge durch einen Kalender auf sich aufmerksam gemacht hat.
 
Die Aufnahmen in schwarz/weiß und in Farbe, die jetzt von den 1980ern bis heute einen Bogen von 35 Jahren spannen, zeigen einen kühlen, eher distanzierten Blick auf die porträtierten Frauen, die mit ähnlicher Reserviertheit, gelegentlich zweifelnd, doch durchaus starkem erotischem Flair durch die Kameralinse auf den Betrachter schauen, wenn sie denn den Blick auf ihn richten. Stingl legt hier ausschließlich Studio- bzw. Innenaufnahmen vor, die mit nur wenigem Beiwerk auskommen, gelegentlich flauschigen oder transparenten Stoffen, einer Zigarette in der Hand, einen Sprungfeder-Rost zum Räkeln oder neuerdings ein bißchen Fetisch-Klebeband - ansonsten aber ihre Wirkung nur aus der spürbar starken Persönlichkeit der Modelle und aus dem geschickt eingesetzten Licht ziehen.
 
 
Alexander Stingl - Susanna 1994


Alexander Stingl - Nora 1993

Gelegentlich kommen Reminiszenzen auf, sieht man Nicole (1996), die als Marilyn inszeniert ist, Susanne, die 2004 eine Hommage an David Hamilton ist oder an Ellen von Unwerth, die für Nancy (1992) oder Grit (1990) Patin gewesen sein könnte.
So kühl Alexander Stingl seine Bilder auch inszeniert, sie sind doch meist von enormem Reiz und feiner Erotik, welche die Nacktheit besonders der Zarten unter den schönen Modellen als wertvolles, nicht selbstverständliches Geschenk präsentiert. Nicht alle, zumal die herben Bilder werden jedem Betrachter gefallen. Deshalb ist die Auswahl hier ganz subjektiv.
 
 
Alexander Stingl - Susanne 2000

 
Alexander Stingl - Susanne 2004

Biografie
Alexander Stingl, geboren 1958 in Dresden, ist seit 1990 als freier Fotograf in Berlin tätig. Er war Fotoassistent von Rudolf Schäfer und Roger Melis und studierte an der HGB Leipzig Fotografie bei Arno Fischer. 1995 gründete er die Agentur Schumann+Stingl. Er setzte u. a. Gudrun Landgrebe, Hardy Krüger, Alexandra Maria Lara und Rolf Hoppe in Szene und nahm an vielen Ausstellungen teil.
 
 
Alexander Stingl - Kathrin 2006

Alexander Stingl – „Aktfotografie 1984-2018“
© 2021 Bild und Heimat, 80 Seiten, gebunden - ISBN-13: 9783959583008
9,99 €
 
Weitere Informationen: www.bild-und-heimat.de