Die heilige Dreieinigkeit: Orgeln im Bergischen Land (7)

Die sinfonisch-konzertante Orgel der Historischen Stadthalle Wuppertal

von Johannes Vesper

Historische Stadthalle Wuppertal, Großer Saal Sauer-Orgel - Foto © Lars Langemeier

Die heilige Dreieinigkeit:
Orgeln im Bergischen Land (7)
 
Unesco-Kulturerbe zwischen Wupper und Dhünn

 
Die sinfonisch-konzertante
 
Die größte Orgel des Bergischen Landes stammt von Siegfried Sauer, Orgelbau Ottbergen (nicht zu verwechseln mit Wilhelm Sauer, ehemals Frankfurt/Oder) und wurde 1997 nach der Renovierung der Historischen Stadthalle Wuppertal von einem großzügigen Mäzen gespendet. Die Einweihung mußte wegen einer massiven Beschädigung durch die defekte Sprinkleranlage des Saals um ein Jahr verschoben werden. Die jetzige Orgel ist also faktisch die zweite Orgel daselbst. 2014 erfolgte eine Grundreinigung aller 4706 Pfeifen. 2020 wurde für 150.000 € die technische Anlage erneuert und die Setzeranlage digitalisiert. Das erfolgte unter den Augen von Johannes Falke, dem Chefintonationsmeister der Orgelbaufirma, der auch schon den Bau geleitet hat. Mit ihm ins Orgelgehäuse zu steigen und dort seinen Erläuterungen zu folgen, ist ein besonderes Vergnügen. Erst im Inneren der Orgel bekommt man eine Vorstellung von der Komplexität des Instruments.
 
Setzen und Koppeln der 69 Register bei drei Manualen und Pedalwerk erfolgt jetzt elektronisch computerisiert. „Vor einigen Jahren hatte der weltbekannte Organist Vincent Dubois hier bei einem Konzert eine Kombination falsch programmiert, nach der jeweils im Pianissimo eine kräftige Zungenstimme kakofonisch der Orgel zusätzlich quakte. Ich mußte per Hand die Registerkombination berichtigen. Ein Albtraum jedes Organisten“, erzählt Wolfgang Kläsener, seit einigen Jahren Custos der Orgel. Das kann zukünftig nicht mehr passieren.
 

Historische Stadthalle Wuppertal, Großer Saal Sauer-Orgel - Foto © Johannes Vesper

Jetzt ist diese Orgel eine der modernsten der Welt. „Hatten wir bisher 256 Setzer, also Speicherplätze für Registerkombinationen, können wir jetzt bis zu 20.000 Kombinationen speichern und nutzen. Sensationell ist das! Die heutige Digitaltechnik beim Auto ist ja mit den Möglichkeiten von 1997 auch überhaupt nicht vergleichbar“, begeistert sich der Custos. Zum Vergleich: Die große Schuke-Orgel der Immanuelskirche von 1967 hat 58 Register, fünf Setzerkombinationen und sieben Koppeln. Dank Computertechnik erfährt der Klang der 69 klingenden Register in Verbindung mit Spielhilfen, Sub- und Superkoppeln ganzer Manuale eine ungeheure Erweiterung. Dabei erfolgt die Kraftübertragung des Tastendrucks am oberen Spieltisch mechanisch, am Bühnenspieltisch vollständig elektrisch. Mit der jetzigen Technik ist auch die Speicherung gespielter Musik auf der Orgel möglich, eine späte, elektronische Realisation der alten Welte-Mignon-Technik. Bei einer solchen Orgel in einem der „schönsten Konzertsäle der Welt“ ist zu wünschen, daß neben „Wuppertaler Orgeltagen“ und „Orgelakzenten“ auch sinfonische Orgelmusik zu hören sein wird.
 
Zusammenfassend gibt es zwischen Wupper und Sieg an die 30 Kirchen mit dem für die Region typischen „bergischen Kanzelaltar“ und herrlichen Orgeln aus den letzten drei Jahrhunderten. Wandern oder Radfahren von einer Orgel bzw. Kirche zur anderen bieten fantastische Erfahrungen in dieser Kulturlandschaft.
 
Johannes Vesper