Die beste Currywurst der Welt

von Erwin Grosche


Quelle: Pixabay - Foto © SnaXXy

Die beste Currywurst der Welt
 
Es verwundert kaum, daß die Currywurst nicht nur eine Speise ist, sondern auch eine Lebenseinstellung. Es kann sich nicht jeder so wichtig nehmen wie die Quiche Lorraine. Wir sind nicht nur auf der Welt, um sie zu retten. Man muß sich auch mal daneben benehmen dürfen und Spaß haben. Wer Stammgast am Ballermann ist, will keine klassische Musik hören und über das Lebenswerk von Friedrich Spee diskutieren. So ist der Verzehr einer Mantaplatte (Currywurst, Pommes Mayo) auch ein Widerstand gegen Bürokratie, political correctness und Korinthenkackerei. Sogar Altkanzler Gerhard Schröder meldete sich zu Wort, als bekannt wurde, dass die VW-Currywurst aus den Werkskantinen in Wolfsburg verschwinden soll. „Currywurst mit Pommes ist einer der Kraftriegel der Facharbeiterin und des Facharbeiters in der Produktion.“ In Paderborn überraschte im Jahre 1958 Karl-Heinz Broer die Domstädter mit einer Currywurst. Heute ist die Broer-Wurst Kult und ihr Verzehr gehört genauso zu einem Paderbornbesuch, wie das Umarmen unseres Bürgermeisters. Broers Currywurst wird ohne Haut gebraten und mit der Hand schräg geschnitten. Das soll an die Schieflage erinnern, die die halbe Paderborner Innenstadt prägt, um dann irgendwann als Hochfläche zu enden. Später versuchten Nobelrestaurants der Currywurst ein anderes Image zu verpassen. Zum Beispiel die „Curry Companie“, die um 2012 herum auf dem Kamp zu finden war. Dort gab es eine Spezialcurrywurst, die mit einer Goldbeschichtung serviert wurde, aus deren Überresten später die neue Spitze des Domturms vergoldet wurde. In diesem Jahr entdeckte ich die Wurstspezialität in zwei Lokalitäten, wo ich sie nicht unbedingt vermutet hätte. Wissen Sie, eine Currywurst braucht keinen Doktortitel, um ernst genommen zu werden. Ihr Aufenthalt auf einer Schönheitsfarm macht sie nicht attraktiver, zumal das Ergebnis unter einer Currysauce eh keiner sehen kann. Sowohl im Gasthaus Haxterpark, als auch in der La petite Galerie, die ihre Bratwurst vom Eggehof Dörenhagen bezieht, bestellte ich eine Mantaplatte. Das schmeckte durchaus, aber wollen sie wirklich wissen, was sich da unter einer Currysauce breit gemacht hat? Ein Blind Date kann erregend sein. Kürzlich traf ich Peter von „Peters Imbiß“ mit seinem Hund. Er hat seine Bude vor „Blumen Risse“ stehen. Ich wählte Peters Currywurst vor Jahren mal als beste Currywurst der Welt und bin noch immer mit meiner Einschätzung zufrieden. Hier stimmt einfach alles. Peter und seine Frau sind schnell, freundlich und schlagfertig. Seit über dreißig Jahren stehen sie hinter der Theke, da kennt man seine Pappenheimer. Sie sind Seelsorger, Comedian und Koch. So geben sie vielen Menschen einen Platz, wo man sich zu Hause fühlt. Und ganz nebenbei schmeckt ihre Currywurst auch noch so, daß man sich schon beim Verzehr fühlt wie ein Weltentdecker. Danke Peter. Daß Peter Bayern München Fan ist, ist auszuhalten, so lange er uns nicht mit einer Weißwurst den Tag verderben will. 
 
Der Schriftsteller Uwe Timm („Die Entdeckung der Currywurst“): «Die Currywurst gehört sowieso auf die Straße», sagte der 81 Jahre alte Autor der Deutschen Presse-Agentur. Der Verzehr in einem Imbiß mit gemischtem Publikum und im Stehen könne sehr lustvoll sein. «Bei VW handelt es sich hingegen um ein Kantinengericht und demnach um eine domestizierte Wurst. Das entspricht nicht meiner Vorstellung.» Die Bezeichnung der Currywurst als Mahlzeit vorrangig für Arbeiter sei aber falsch. «Die Currywurst ist längst Teil einer akademischen Gourmetdiskussion», sagte Timm. «Nicht zufällig gibt es immer wieder Streit, ob sie mit oder ohne Darm besser schmeckt, und ob die Wurst senkrecht durchgeschnitten werden sollte - oder doch schräg.»
Wie sang Herbert Grönemeyer schon 1982: „Biste richtig down/ Brauchste wat zu kau'n/ 'Ne Currywurst/ ...

 
© Erwin Grosche