Das liebe Geld

Eine Annäherung in sieben Schritten (4)

von Johannes Vesper

Michel de Montaigne (1533-1592)
Das liebe Geld
 
Eine Annäherung in sieben Schritten (4)
 
von Johannes Vesper


Was man für Geld kaufen kann
 
2012 erschien das Buch von Michael Sandel: Was man für Geld kaufen bzw. nicht kaufen kann. „Paläste, Gärten, Brüstlein, rote Wangen“ heißt es in Faust II. (s.u.) dazu. Michael Sandel aus Harvard, einer der bekanntesten Moralphilosophen der Welt, macht sich in seinem Buch Gedanken über moralische Grenzen der Märkte, die angeblich die Schlüssel zu Wohlstand und Freiheit sind. Spätestens durch die Finanzkrise 2008 wurde in unserem Jahrhundert der unbedingte Glaube an den Triumph des Marktes erschüttert und viele vermuteten, daß Märkte sich von Moral abgekoppelt haben In Deutschland wurde diese Vermutung durch die Manipulation der Industrie an den Dieselautos bald bestätigt und die Moral gespalten in die der Shareholder und der Kunden: Der ehemalige Daimlerchef Dieter Zetsche befürchtete eine Anklage wegen Untreue zu Ungunsten der Shareholder, wenn er die Dieselabgase nicht manipuliert hätte.
Schon vor Jahrhunderten machte man sich offensichtlich Gedanken über Moral und Geld z.B. Michel Montaigne (1533-1592):
 
„Vom Gelde ist zu sagen: Es hätte nie einen so guten Sklaven und nie einen so bösen Herrn gegeben wie ihn.“
 
„An sich ist es ja gleichgültig, ob man sein Geld spart oder ausgibt; gut oder schlecht kann nur genannt werden, was wir damit wollen.“
 
„Ich will lieber geschäftlich als charakterlich versagen“

Wohin führt das, wenn heutzutage fast alles gekauft werden kann? Das Austragen eines Embryos von indischen oder japanischen Leihmüttern kostet um die 6.500,- Dollar. Westliche Paare kaufen ihr Baby in Indien, chinesische Plutokraten in Japan, weil auf diese Weise die Nachkommenschaft zusätzlich die japanische Staatsbürgerschaft erhält. Für die Handynummer eines Arztes zahlt man in den USA bis zu 15.000 €/Jahr/Person, 25.000 für die ganze Familie. Dafür erhält man einen unbeschränkten und exklusiven Zugang zum Arzt des Vertrauens. Das Recht, eine Tonne CO2 in die Atmosphäre zu pusten, kostet 25,- € in Deutschland. Und was kann man nicht für Geld kaufen? Echte Freundschaft, den Nobelpreis. Gibt es Dinge, die für Geld zu kaufen sind, aber nicht käuflich sein sollten? Wie ist das mit Ersatznieren zur Implantation? Oder Babys? Wie steht es mit Geschenken zum Geburtstag oder zu Weihnachten? Die Kunst des Schenkens scheint in weiten Bereichen unserer Gesellschaft zu einem kommerziellen Austausch verkommen zu sein. Noch bewerfen wir uns zu Geburtstagen nicht gegenseitig mit Geldscheinen oder Münzen. Die umfassende Kommerzialisierung der Gesellschaft in weiten Bereichen beschäftigt also inzwischen nicht mehr nur die Ökonomen, sondern vor allem die Moralphilosophen. Auch der Papst weist in seiner Enzyklika (Fratelli tutti“) daraufhin, daß eine Politik der freien Märkte die Bedürfnisse der Menschen nicht befriedigen kann. Solche Überlegungen bleiben nicht ohne Folgen im Bereich der Ökonomie.
 
 
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Redaktion: Frank Becker