Jack, the Feinripper

von Detlef Färber

Detlef Färber - Foto © Silvio Kison
Jack, the Feinripper
 
Hier mal ein offenes Wort über ein echtes Tabu-Thema: Herrenunterhemden. Jahrzehnte meiner frühen Jugend habe ich mich diesen Dingern mannhaft verweigert. Ich meine sogar, noch fast bis gestern. Aber die Winter werden nicht wärmer, obwohl uns das dauernd versprochen wird. Jedenfalls nicht spürbar wärmer. Und auch die Sommer werden immer kühler, je älter der Mann wird. Und so kann es schon mal vorkommen, daß - unter uns gesagt - aus Versehen so ein Unterhemd unters Oberhemd des reifen Jünglings rutscht. Doch obwohl Unterhemden, zumal in der gerippten Basis-Version, bei Männern verpönt sind, wirken sie auf Frauen wie Reizwäsche.
     Auch die Meinige war heute früh sehr gereizt, als ich mein gutes weißes U-Hemd angezogen habe. Und dann hat sie's auch noch verwechselt und als „graues“ bezeichnet. Vielleicht kauf' ich mir ja doch mal ein neues, gleich nächstes Jahr. Aber ob das hilft? Solange es dich gibt, kann die Firma Feinripp nicht pleitemachen, hat meine Holde dann noch zu mir gesagt. Doch erst jetzt, wo wir hier drüber reden, kommt mir der böse Verdacht, daß da feine Ironie über Feinripp mit im Spiel gewesen sein könnte - von ihrer Seite. Oder gar der blanke Hohn!
Wo kommt nur dieser Haß her gegen eine so unschuldige Textilie? Liegt es vielleicht an dem Wort mit Rippe? Die Frauen verzeihen uns das natürlich niemals, daß sie damals bei der Schöpfung von Vater Adam ausgerechnet aus einem von unsern Brustkorb-Knochen zusammengeschustert worden sind. Oder sind sie bloß wegen diesem feingerippten Gewirk mißtrauisch? Wer macht denn sowas, fragen sie sich. Was muß das für ein finsteres Gewerbe sein, das so ein geschlitztes Gewebe namens Feinripp fabriziert? Und dann gruselt sich die Grübelei der Frauen über ein so harmloses Hemd ihrem Gipfel entgegen: Ist dieser Unterhemden-Rippen-Schlitzer etwa Jack, the Feinripper?
     Ein Hersteller der feingerippten Rippenwärmer hat diese messerscharfe Frauenfrage übrigens entschärft und seine Männerunterhemden kurzerhand umbenannt: Doch, anders als man erwarten müßte, etikettiert er die hocherotischen Leibchen nicht etwa als Herren-Dessous. Nein, er nennt sie ganz prosaisch Sportjacken. Trotzdem kosten die Dinger ein Schweinegeld! Gleich zwei Münzen verlangen die Unterwäsche-Gangster im Laden für ein einziges Exemplar. Trotzdem zieh ich mir diese Jacke an. Damit kann mich keiner mehr mit Jack, the Feinripper verwechseln, denn jetzt bin ich ein durch mein Unterhemd geadelter Mann des Sports.
     Und für immer auf dem Feinripp-Trip.

© Detlef Färber