Das schwarze Glück (1)

von Erwin Grosche

© 1966 Eduscho / Archiv Musenblätter

Das schwarze Glück
 
(eine süße Gebrauchsanweisung für einen entspannenden Augenblick,
vom Verfasser erprobt und aufgeschrieben)
 
Nichts in unserem Leben ist wichtiger als die Entspannung. Die kleine Stadt Paderborn am Rande des Teutoburger Waldes hat sich in liebenswerter Weise um diese Form des ausruhenden Lebens verdient gemacht. So gibt es dort nicht nur die vor sich hindösende Universität, eine völlig entkrampfte Computerindustrie, einen ausgeglichenen Erzbischof, sondern auch einen Eduscho-Laden. Eduscho ist eine Kaffeegroßhandelskette, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Kaffee geröstet und ungeröstet zu verkaufen, aber nicht nur das, man kann dort auch selber als gern gesehener Gast einen Kaffee trinken.
     Früher kostete der Kaffee 50 Pfennig, heute siebzig, aber in Zeiten, in denen eine Briefmarke meistens teuerer ist als die Klebeunterlage der Postkarte, erscheinen selbst siebzig Pfennig für das schwarze Glück ertragbar, und hier bei Eduscho spielt unsere preisgünstige und süße Entspannungsart:
 
1. Das Vorspiel
 
Wir gehen wie jeder andere Kaffeeliebhaber zu Eduscho. Schnell entdecken wir in dieser duftenden, merkwürdigen Welt eine silberne Box, die hinten am Ende des Raumes steht. In dieser silbernen Box wird der flüssige heiße Kaffee vor allen außerweltlichen Einflüssen geschützt. Das schwarze Meer im silbernen Auffangbecken der aromatischen Träume. Wie vom Lächeln der dahinterstehenden Frau bezirzt, steuern wir willenlos drauf zu. Wir hören uns flüstern:
     „Einen Kaffee bitte.“
     „Mit Milch oder mit Zucker?“ fragt die Frau im violetten Kittel, die schon die weiße Tasse auf der weißen Untertasse vollströmen läßt.
     Man kann den Kaffee mit Milch oder mit Zucker nehmen, selbstverständlich auch nur mit Zucker und ganz ohne Milch, möglich ist auch die Wahl sowohl ohne Zucker als auch ohne Milch, also ganz schwarz, ohne gleich aufzufallen: Das Ganze ist eine Serviceleistung von Eduscho, die schon im Preis inbegriffen ist.
     Nach dieser grundlegenden Entscheidung, schon mit der dampfenden Tasse in der Hand, fällt unser Blick auf eine durchsichtige Plexiglasbox, in der Schokoladenriegel gelagert werden und diese in drei Geschmacksrichtungen:
a. Vollmilch
b. Vollmilchnuß
c. Zartbitter,
     die man geschmacklich aber leicht unterscheiden kann, da die Verpackungen farblich anders gehalten sind.
     Viele Menschen neigen zu Zartbitterriegeln, die als Zweierpack 35 Pfennig kosten, aber auch zwei Riegel mit Vollmilch oder Vollmilchnußgeschmack sind unter diesem Preis formiert.
     Die Entscheidung für eine Geschmacksrichtung ist auf jeden Fall typenbedingt und sollte nicht nach rein materiellen Erwägungen folgen (was hier bei Eduscho durch die Preisangleichung sowieso entfällt).
     Wir nehmen nun den heißen Kaffee und die zwei Schokoladenriegel und stellen uns zu den anderen Gästen von Eduscho an die runden Stehtische, denn Eduscho ist ein Stehcafé ... nun kommts:
 
(Folgen Sie nach dieser spannenden Einleitung am kommenden Samstag
unbedingt unserem Genießer beim Hauptspiel)

Anmerkung: Dies ist eine Geschichte aus der Hoch-Zeit nicht nur des Paderborner Kaffeetrinkens,
als es noch die D-Mark gab und man noch zwischen verschiedenen Kaffee-Röstern wählen konnte.