Rechts und links vom River Shannon

Ein entspannter Reisebericht

von Frank Becker
Foto © Frank Becker
Das Leben ist ein langer,
ruhiger Fluß

Besonders, wenn man auf dem River Shannon unterwegs ist

Tullamore, Co. Offaly.  Hier soll unsere irische Reise losgehen, bevor wir eines der Hunderte auf dem Shannon-Erne Waterway schippernden Hausboote in der Marina von Portumna übernehmen. Nach einer recht entspannten Anreise via Dublin Airport haben wir über die typischen "bended roads", die sich zwischen steinernen Feldmauern schlängelnd noch der Landschaft anpassen, anstatt diese in ein Korsett zu zwängen, erst einmal den Ort der einst berühmten Tullamore-Destillerie erreicht und deren "Heritage Centre" einen Besuch abgestattet. Zum Pflichtprogramm aller den Whiskey liebenden Reisenden gehören natürlich ein Rundgang durch das Museum der traditionsreichen, jetzt aber seit über 50 Jahren eingestellten Brennerei - der Whiskey wird seit langem schon in Midleton gebrannt - und eine Kostprobe des samtweichen "Tullamore Dew" an der Bar. Das sorgt bereits zur Mittagszeit für eine gewisse Leichtigkeit und vermittelt die Gelassenheit, die man sich antun sollte, wenn man in Irland reist. "Nur keine Hektik!", gehört zur beinahe mediterranen Lebensart der Iren. Sympathisch. Tullamore (Tulach Mhór) in der Grafschaft Offaly ist ein Nest von knapp 13.000 Einwohnern, das seinen ursprünglichen Wohlstand auf der Whiskey-Produktion gründen konnte. Am Grand Canal, der Wassertransporte nach Dublin erlaubte, war die Lage ideal. Tullamore lebt noch ein wenig vom Nachruhm, ist ein sympathischer Flecken, der im Sonnenschein durchaus hübsche Ecken und wie alle irischen Städte urwüchsige Kneipen und herrlich bunt angemalte Ladenfassaden hat. Für einen kurzen Stop allemal lohnend.

Freundliches Irland

Portumna, Co. Galway.
  Das verschnarchte Städtchen Portuma (Port Omna)/County Galway bietet

Portumna - Foto © Frank Becker
uns im
bequemen Shannon Oaks Hotel, das bei gutem Standard noch den Charme längst vergangener Jahrzehnte bewahrt hat, Quartier, bevor wir uns anderen Tags aufs Wasser und in die vergleichsweise spartanischen Kojen an Bord begeben. Dem erfreulichen Abendessen im Hotel - die Küche ist vor allem mit ihren Fisch-Gerichten präsentabel - lassen wir einen  kurzweiligen Abend im "Stronge´s Pub & Bar" auf der Brendan Street folgen, in der sich eine Musikkneipe an die andere reiht. Collin Brian singt zur Gitarre, Gäste tun beachtlich mit, und die aufgeputzten jungen Mädels schmachten den adretten Burschen an. Wir sprechen dem Guinness und dem köstlichen Smithwicks zu, das durch steten Fluß "from the tab" immer frisch ist, kommen mit den Gästen ins Gespräch und lernen einmal mehr, daß man in Irland nicht "fremdelt". Kaum anderswo bekommt man so schnell und freundlich Kontakt. Iren sind ausgesprochen kommunikativ. Noch etwas ist sehr erfreulich: trotz Rauchverbot sind die Kneipen voll, niemand mault oder hadert oder klagt vor Verfassungsgerichten, so wie es in Deutschland höchste Querulanten-Pflicht zu sein scheint, die Stimmung ist hervorragend, und ganz nebenbei geht kein Wirt pleite... Geht doch! Liegt wohl daran, daß die Iren Lebenskünstler und die (gewissen) Deutschen Besserwisser sind. Nach einigen Drinks und freundschaftlichem Schulterklopfen ruft das breite Federbett, bevor es auf die Flußreise geht.

Ahoi!


Schleusenhund - Foto © Frank Becker
Wir haben nach einem geführten Rundgang durch die Reste von Portumna Castle und die ebensowenig aufsehenerregenden bürgerlichen Architekturen zweier alter Straßenzüge (vielleicht lag es ja am Schnürlregen, der uns durchweichte) viel zu viel Bordverpflegung eingekauft, alles verstaut, unser Boot übernommen, andächtig den knappen Erläuterungen des Technikers gelauscht, uns angeschaut, wie man alles ein- und ausschaltet, eine Proberunde in Hafennähe gedreht - wie schon erwähnt gar nicht schwer - und schließlich mutig vom Bootssteg abgelegt
. Der Diesel schnurrt wie ein Kätzchen, die Wolken reißen auf, und für das erste Stück des Weges sind die Rollen verteilt. Es fällt leicht, sich auf einem Boot in die notwendigen Aufgaben zu finden, zumal wenn klar ist, daß die Pflichten wie die Kapitänswürde reihum gehen. Shannon River, wir kommen! Tatsächlich, kaum läßt man den kleinen Hafen hinter sich, spürt man die Freiheit. Die Reise geht nach Norden, Banagher, Co. Offaly ist das Etappenziel. Andere Schiffe passieren in gebührendem Abstand, man winkt sich freundlich zu, lernt nicht zu dicht am Ufer zu fahren, um Pflanzen in der Schraube oder Grundberührung zu vermeiden, freut sich über Schwäne, Haubentaucher, Bläßhühner, Enten und Kormorane und genießt eine heiße Tasse Tee auf dem Oberdeck. Denn das ist Ehrensache: gesteuert wird oben, (beinahe) egal wie das Wetter ist. Vor Banagher hat der Shannon die erste Schleuse: "Victoria Lock". Kein Problem, alles läuft Hand in Hand. Und der Schleusenhund schaut interessiert zu. Erinnert mich an eine frühere Reise - ob wohl jeder Schleusenwärter so einen Gesellen hat?

Spuren der Vergangenheit

Banagher/Shannonbridge/Clonmacnoise. Die Nacht in Banagher war stürmisch und die Boote

Clonmachnoise - Foto © Frank Becker
tanzten und rieben sich am Anleger. Keine Schäden, aber an zeitiges Ablegen ist nicht zu denken, zu riskant. Wir warten ab, und bald ist die Sonne durchgekommen: Leinen los! Wir wollen heute noch nach Clonmacnoise (Cluain Mhic Móis), der im Jahr 548 gegründeten Klosteranlage am Shannon River unsere Reverenz erweisen. Die weitläufige Anlage thront weithin sichtbar auf einem Hügel über dem Fluß, läßt die über Jahrhunderte wichtige auch strategische Bedeutung der Stelle erkennen und lädt nachdrücklich zur Besichtigung ein. Kein Reisender sollte hier vorbeischippern! Wenn auch Schülerhorden und ganze Busladungen von Touristen durch das Gelände turnen, die Geschichte faßt uns magisch an. Bis zu tausend Jahre alte Rundtürme und Steinkreuze, acht Kirchen und Reste einer Kathedrale aus dem 14. Jahrhundert berichten stumm von prä-normannischer Zeit und den Wechseln der Geschichte. Der O´Rourke´s Tower aus dem 10. Jahrhundert zeigt noch die Spuren eines gewaltigen Blitzeinschlags, der MacCarthy Tower von 1124 ist hingegen nahezu vollständig erhalten. Eintausend Jahre alt ist auch das als "Great Cross"
berühmte Hochkreuz mit seinen vier Metern Höhe und religiösen wie weltlichen in den Sandstein eingehauenen Darstellungen. Um 900 wurde es errichtet. Auch das sogenannte Südkreuz aus Sandstein beeindruckt mit seiner weit sichtbaren Höhe von 3,7 Metern und seinen Ornamenten in keltischer Tradition. Sein Ursprung dürfte im 9. Jahrhundert zu suchen sein. Noch ein wenig älter sind wohl die Reste des Nordkreuzes, das nur in Resten erhalten ist. Schweigend steht man vor wuchtigen Grabtischen, den teils winzigen Kirchlein, deren kleinstes nur 3.8 x 2,8 Meter mißt und die Grabstätte des Heiligen Ciarán ist.
Ein Abstecher in das angeschlossene Museum mit seinen historischen Ausstellungsstücken lohnt - und auch im Souvenirladen gibt es ausnahmsweise mal nicht nur Kitsch zu kaufen.
Wir legen ab - der Smutje ist vorausgegangen und hat das deftige Lunch in der Bordküche vorbereitet - es geht
in Richtung Athlone, der fast im geographischen Mittelpunkt der Insel gelegenen Stadt mit ihren alten Gassen, Kirchen und wunderschönen Pubs. Hier wollen vor allem unsere Damen in den Waschräumen der Hafenanlage ein wenig Körperpflege betreiben - es ist halt schon etwas eng in den Bordduschen - und sich für den Landgang aufbrezeln. Mit nacktem Entsetzen auf den Gesichtern kehren sie reumütig an Bord zurück: alles geht, nur das nicht! Nach einer schnellen Umfrage, die durchaus repräsentativ ist, muß allen unseren Spuren folgenden Reisenden davon abgeraten werden, die sauteuren und entsetzlich unhygienischen öffentlichen Duschen von Athlone Habour zu benutzen!

Gertie Browne´s


Athlone, Dom - Foto © Frank Becker
Noch pfeift ein ordentlicher Wind über Irlands Mitte und der eine oder andere Schauer geht nieder, doch den Stadtrundgang mit Donald O´Brien lassen wir uns nicht entgehen. Er weiß viel über Geschichte und Architektur zu erzählen - und ist vor allem ein netter Kerl. Das abendliche Dinner im Olive Grove Restaurant mit Blick auf den Fluß (zauberhafte Kellnerinnen aus allen Gegenden des europäischen Ostens und nicht eine Irin) und ein eher umfangreicher Absacker im "Gertie Browne" um die Ecke runden den ereignisreichen Tag. Der Pub ist brechend voll und alle schauen begeistert der Fußball-EM zu, bis nach dem Elfmeterschießen abgeschaltet wird. Donald O´Brien steht auch an der Theke und lädt zum Pint ein. Es werden einige Pints mehr, Iren und Deutsche schieben die Mützen in den Nacken und sind sich einig: Europa funktioniert zumindest in den Köpfen und an der Bar. Wie es Seeleuten gebührt, schreiten wir leicht schwankend den heimischen Planken mit Blick auf den Dom entgegen. Dem Absacker an Land folgt ein weiterer an Bord. Das muß ein Sailor abkönnen!

Ein Traum: Hole-in-one!

Abschlag - Foto © Stephanie Ebert


Der Tag ist hell und freundlich, als wir am anderen Morgen in Athlone ablegen und weiter nach Norden die Fahrt in Richtung Glasson aufnehmen. Dort erwarten uns neue Anforderungen an die Beherrschung unserer Boote und ein herrlicher Golfplatz. Der Glasson Golf Club hat nämlich einen eigenen Anleger, verborgen im Schilf und ein Fall für Könner. Das fordert heraus, und mit nur ein ganz klein wenig Hilfe vom Steg aus schaffen es unsere beiden Boote mustergültig. Mit stolzgeschwellter Brust gehen wir an Land, wo schon die spaßigen Golf-Carts auf uns warten, mit denen wir über das weitläufige grüne Gelände dem Clubhaus zusteuern.
Haben Sie schon einmal gegolft? Ich muß zugeben: man kann danach süchtig werden. Hat man erst einmal einen ersten Abschlag mit weitem Flug des Balls über das Green nahe zum Hole geschafft, erwacht ein bemerkenswerter Ehrgeiz. Einlochen, Putten, den Bunker mit einem einzigen Schlag schaffen, den Ball nicht im See verlieren, schließlich versenken. Toll! Hierzulande noch elitäres Privileg - in Irland längst Volkssport, wie es sich gehört. 
Der anschließende Lunch ist erlesen, die Gastfreundschaft des Inhabers Gareth Jones steht dem in nichts nach, und Marie McCormack, die Failte Ireland vertritt, bezaubert nicht nur mit heiserem Timbre. Da, ich meine im Club, wäre man gerne geblieben. Es gibt Zimmer und Restaurant, alles, was man zum Ausruhen braucht - und die gepflegten Greens.


Trim Castle - Foto © Frank Becker
Trim Castle und die Geschichte

Doch weiter geht´s über den malerischen Lough Ree: Die Boote müssen nach Dromod, wo sie abgegeben und ein letztes Mal akkurat angelegt und festgemacht werden. Adieu, treues Schiffchen! Nun geht es heimwärts. Wie schnell doch so eine Reise vorüber ist! Kaum hat sich an Bord alles eingespielt, sind die technischen Details und die Navigation gelernt und verinnerlicht, zeigt der Kalender schon das nahe Ende der Reise an. Doch der letzte Tag der Reise bietet noch eine Attraktion: auf dem Weg zurück nach Dublin streifen wir den Ort der durch seine einzigartige Festungsanlage "Trim Castle" auf jeden Reiseplan gehört.
Trim Castle in Meath sollte man nicht verpassen – das älteste und größte anglo-irische Festungswerk aus normannischer Zeit im 12. Jahrhundert ist mit seinen raffinierten Sperr- und Verteidigungsanlagen das einzige in Irland erhaltene Bollwerk seiner Art - wuchtig und tief beeindruckend. Sollte man sehen und sich oben in den Türmen den Wind um die Ohren pfeifen lassen. Auch ein Gang durch den malerischen Ort mit seinen bunten Fassaden lohnt.


Slán go fóill Eire ! - Foto © Cindy Grams
Slán go fóill Eire !

Bevor wir nach Hause reisen und den Blick zurück wenden, können wir in einer luxuriösen Nacht im brandneuen "Knightsbrook Hotel" und seinen vorzüglichen Betten und Bädern den zwangsläufig begrenzten Komfort der Boote "ausbügeln".
Steffi ist dank allerlei Tees und Pillen ihren Grippe-Anflug wieder losgeworden und hat als "Stuermann" Wind und Wetter getrotzt, Andi hat stets gute Stimmung verbreitet und beim Festmachen die Leinen virtuos gehandhabt, Cindy konnte ihre Erfahrung als Flußkapitänin einsetzen, und Frank hat mit Pfannen, Teebechern und Kochbesteck alles gegeben, die Crew bei Kräften und Laune zu halten. Auf dem Nachbarboot gaben Smutje Thomas, Steuermann Dirk, Leinenkönig Klaus, der schon bald seinen verlorenen Koffer wiederbekommen hat und Käpt´n Monika ebenfalls ihr Bestes. Wir werden diese Reise sicher nicht vergessen. Und einige von uns träumen schon jetzt davon, mal ohne jede Verpflichtung und in aller Ruhe zwei Wochen über die irischen Wasserwege zu schippern.


Informationen
bekommen Sie hier:
Bei der Irland Information Frankfurt www.entdeckeirland.de
Telefon: 069-66800950
und bei:   www.dertour.de

Flugreservierungen:
www.aerlingus.com
Fähren von Frankreich aus:
www.irlandfaehre.de 
 
Weitere Informationen, direkte Buchungen und bei Fragen zur Bootsfahrt:
Waterways Ireland, Tel: +44(0)28-6632 3004 oder +353(0)71-965 0787, www.waterwaysireland.org 
Inland Waterways Association of Ireland, Tel: +44(0)28-3832 5329, www.iwai.ie