Die Händewaschanlage

von Erwin Grosche

 Foto © Linsensüppchen 54

Die Händewaschanlage

Man soll sich die Hände zwei Minuten waschen und die Zähne drei Minuten putzen. Für die Füße plane ich 4 bis 5 Minuten ein, die sind ja auch nicht so gut zu erreichen. Ich habe einen Freund, der hat so große Füße, der muß mit 7 Minuten rechnen, bis er seine Füße sauber hat. Ich frage mich, wie viel Zeit wir noch für die anderen Körperteile aufbringen sollen, bis alle zufrieden sind? Nun kommt die gute Nachricht. Die Ohren sind selbstreinigend. Da haben sie richtig gehört. Was da drinnen ist, muß da drinnen sein. Das schützt sie und federt ab. Um mal was Gutes über die Schöpfung zu sagen. Zwei Minuten Händewaschen können lang erscheinen, gerade wenn man kleine Hände hat. „Ich soll mir zwei Minuten die Hände waschen, das ist genau die Zeit, in der ich über den Sinn des Lebens nachdenke“, vertraute mir mal ein Handwerker an, der im sanitären Bereich mitmischte. „Händewaschen ist der Sinn des Lebens“, sagte ich nur. Manchmal weiß die linke Hand nicht was die rechte tut. Hier ziehen sie mal an einem Strang. Was für ein Gemeinschaftserlebnis. Eine Hand wäscht die andere. Die linke Hand wäscht die rechte Hand und die rechte die linke. Das ist eine Win-win-Situation, eine Er-win-Situation, eine Händewaschanlage. Wie in inniger Berührungen nach Tagen der Trennung reiben sie sich aneinander und wollen alles miteinander teilen. Wie sie sich stoßen und schubsen, als wären sie in einem Freibad. „He, ihr Zehn, nicht vom Beckenrand springen.“ Als hätte man ein Feuer entzündet, lodern die Flammen nach oben und spenden Freude und Licht. Sie toben und balgen herum, daß es eine Freude ist zuzuschauen. So werden die Finger sauber. Natürlich kann auch die Nase eingebunden werden, um die Zwischenräume zu säubern. Stoße die Nase in die Zwischenräume und sauge den Schmutz auf. Damit gelangt man in die letzten Ecken. Das sieht bestimmt nicht immer erhaben aus, aber wenn sie es erhaben haben wollen, dann müssen sie ins Ballett gehen. Wer richtig lebt, macht sich schmutzig. Erlaubt ist auch das Kinn zu nutzen, um die Handinnenflächen zu säubern. Das Kinn wird sowieso unterschätzt und kaum mit größeren Aufgaben bedacht. Es ist doch nicht nur da, um das Doppelkinn zu erden. Mit einem Drei-Tage-Bart wird das Kinn zu einem Stahlschwamm. Sogar aufdringliche Flecken auf Handwerkerhänden bekommt man damit weg. „Die Hände wollen sauber sein, drum seife sie mit Seife ein, nach Spielen oder Naschen soll man die Finger waschen. Nun laß mal deine Finger sehn, wir säubern sie von eins bis zehn. Die Seife gut verteilen, brauchst dich nicht zu beeilen. Wischi wasch die Fingerlein, alle wollen sauber sein. Wir machen alles blitze blank, ganz sauber zwei Minuten lang. Und dann auch nicht versäumen, Waschen von Zwischenräumen. Und wenn die Hände sauber sind, dann klatscht damit ein jedes Kind. Zum Schluß, laß Wasser laufen, wir wolln die Finger taufen.


© Erwin Grosche 2020