Gedankengänge - Notizen - Momentaufnahmen

Peter Hohberger – „Schwebeblumen“

von Frank Becker

Gedankengänge - Notizen -
Momentaufnahmen
 
Peter Hohbergers kurze Prosa umfaßt, wie im Vorwort angemerkt, weit mehr als die hier, in seinem ersten Auswahlband „Schwebeblumen“ zusammengefaßten 38 Texte und 20 feuilletonistischen „Splitter“. Einige davon und anderes konnten wir bereits früher unseren Lesern in den Musenblättern vorstellen, heute habe ich die Freude, Ihnen die zum Jahresende 2019 im NordPark Verlag erschienene Sammlung „Schwebeblumen“ zu präsentieren.
 
Es sind über Jahrzehnte notierte teils autobiographische Texte, Kurzerzählungen, Begegnungen, Reflexionen, literarische Momentaufnahmen, im Café, im Garten, in der Natur oder im Atelier festgehaltene Gedankengänge eines vielfach begabten Künstlers, den ich auf der Bühne erlebt habe, im Gespräch mit Schauspielkollegen wie Günter Lamprecht oder Walter Giller, den ich als Bildhauer und Maler ich für verschiedene Zeitungen und Magazine porträtieren durfte und dessen Gedanken und Weltsicht sich mir in vielen intensiven Gesprächen offenbarten. So weiß ich auch, daß die für dieses Buch getroffene Auswahl allenfalls streifen kann, was Peter Hohberger bewegt, ihn umtreibt. Aber immerhin, es öffnet eine Tür zu einem Mann, der in der Gewißheit, (s)ein Lebenswerk nie vollenden zu können, unermüdlich arbeitet, malt, modelliert, schreibt.
Es ist das Vergangene, das Zarte, das Kleine, das vielleicht niemand anderem auffällt, oft das Marginale und wesentlich öfter noch das Bedeutende wie der Tod und der Weg dahin oder die Allmacht eines auch bezweifelten Gottes, über das sich Peter Hohbergers Gedanken neigen. Man muß das Buch nicht von vorne nach hinten lesen, auch nicht in einem Zuge. Es eignet sich vortrefflich zum „Hineinstechen“ und da zu lesen, wo man es irgendwo aufgeklappt hat. Wo auch immer, es führt durch die Teilnahme an seiner Versenkung zu eigenen Erkenntnissen. Ich will ihnen den titelgebenden Text aus dem Buch als Appetitanreger präsentieren:
 
Schwebeblumen
 
Ohne meine Arbeit stumpfe ich ab und langweile mich. Zum Beispiel gerade jetzt. Ich sitze im Garten und muß meine banalen Gedanken aushalten. Mein Denken prallt an allen Dingen ab: an einer Hausecke, an den Blumen und Pflanzen, an einer Baumgruppe, am trüben Himmel, an dem Gras, zu dem mir nur einfällt, daß es wieder einmal gemäht werden müßte. Mit all dem kann mein Denken nichts anfangen. Nichts gibt meinem Kopf einen Anstoß. Alles ist nichtssagend, als wären alle Dinge von einer undurchdringlichen Mauer aus Gewohntem umschlossen, die jeden Versuch, über das nachzudenken, was ich sehe, zum Scheitern verurteilt. Dann aber bleibt mein Blick an einem großen Blütenstern hängen, der auf einem schnurdünnen übermannshohen Stengel sich leicht im Wind wiegt. „Cosmea“ nennt man diese Blume, ich nenne sie „Schwebeblume“, denn gegen Abend in der Dämmerung sehe ich diesen dünnen Stengel nicht mehr, sondern nur einen weißen Blütenteller, der in der Luft zu schweben scheint. Jetzt erst setzt das ein, auf das ich eigentlich warte. Eine Empfindung, ein Angerührtsein. „Schwebeblume“ höre ich mich leise und zärtlich sagen, und es ist wie ein Erwachen des Geistes, der Fantasie, der geführten Zuneigung. Ein Erwachen aus der Lethargie.

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Peter Hohberger – „Schwebeblumen“
Texte und Bilder - Herausgegeben vom Literaturhaus Wuppertal e.V.
Redaktion: Anne Walkenhorst und Hermann Schulz
© 2019 NordPark Verlag, 139 Seiten, gebunden, Fadenheftung, mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-943940-60-2
16,80 €
Weitere Informationen: www.nordpark-verlag.de