Liebend, lockend, lustvoll

Günther Butkus – „Herzband“

von Frank Becker

Liebend, lockend, lustvoll
 
herzminze
 
wenn ich mich nachts
nach dir sehne rieche
ich dich auf meiner haut
 
Viele Liebende möchten im Überschwang ihrer Gefühle all das, was sie empfinden, der Geliebten, dem Angebeteten nicht nur in Worten zu Füßen legen. Manch eine(r) meint, es müssen Verse sein. Leider. Jaja, schon gut, die Liebe kann beflügeln. Nur sind solche Flügel nicht immer tragfähig - so wie Ikarus der Sonne zu nah gekommen ist, die seine wächsernen Flügel schmelzen und ihn abstürzen ließ, entfernen sich viele selbsternannte Lyriker zu weit von der Literatur, von der guten Form, was ebenfalls zum Absturz führt. Doch es gibt auch Glücksfälle. So einen haben wir Ihnen hier vor gut einer Woche vorgestellt, einen ganz schmalen, nichtsdestoweniger gehaltvollen Band mit Liebeslyrik von Günter Butkus: „Heute Nacht Morgen Du“.
 
Heute möchte ich Sie auf den (oder das?) „Herzband“ von Günter Butkus aufmerksam machen, eine Sammlung von 366 Gedichten über die Liebe, einen Almanach für jeden Tag des Jahres, in täglichen kleinen Dosen zu lesen oder auch um sich die köstlichen Kleinigkeiten bei Bedarf mit Appetit „hineinzuschaufeln“. Man kann es kaum deutlicher machen, als in jedem Titel den Wortbestandteil „herz“ namhaft zu machen, denn exakt und einzig um es geht es, das Herz, liebend, leidend, lächelnd, lechzend, lockend, lärmend, lustvoll.
Bei der anregenden Lektüre sollte man sich schon ein wenig Zeit lassen, um das Raffinement der gerne auch mal vielsinnig verschachtelten Gedichte recht auszukosten. Wie dieses zum Beispiel:
 
herzdiebin
 
mein herz war nicht
sehr wachsam als du
es mitgenommen hast
war es schon bei dir
will ich sein mein herz
 
oder so zu lesen:
 
mein herz war nicht sehr wachsam, als du es mitgenommen hast
als du es mitgenommen hast, war es schon bei dir
bei dir will ich sein mein herz
 
Wo auch immer Sie den nur 9,5 x 15 cm großen Band aufschlagen, es ist als wenn Sie mit verbundenen Augen in einen Korb voller reifer Erdbeeren greifen – es wird stets eine duftende, saftige Frucht in Ihrer Hand sein. Naschen Sie!
 
herzpicknick
 
frisch gepflückte
erdbeeren die wir
auf einer mauer
genüsslich zwischen
unseren lippen ein
süßes versprechen
 
Alexander Häusser hat diesen Almanach mit einem verständigen Vorwort versehen, das mit ausgewählten Beispielen von der Entstehungsgeschichte des „Herzbandes“ erzählt.

Günther Butkus – „Herzband“
Lyrik - Vorwort von Alexander Häusser
© 2019 Pendragon Verlag, 393 Seiten, Leinen mit Lesebändchen -  ISBN: 978-3-86532-647-8
22,-
Weitere Informationen:  www.pendragon.de