Kontraste

Barney Kessel & Harold Land – „El Tigre“ + „Time Will Tell“

von Frank Becker

Kontraste
 
Combo vs. Bigband
 
Gleich mehrfach wurde das Album, das hier unter dem Titel „El Tigre“ von Barney Kessel / Harold Land präsentiert wird, Ende der 1950er/Anfang der 60er Jahre unter verschiedenen Titeln und Zuweisungen, jedoch mit exakt dem selben Inhalt und der selben Besetzung produziert:
1. Jimmy Rowles ‎– „Upper Classmen“, 1959 bei Interlude Records
2. The Jimmy Rowles Sextet ‎– „Let's Get Acquainted With Jazz ...For People Who Hate Jazz!“,  o.J. bei Tampa Records
3. Barney Kessel / Harold Land ‎– „El Tigre“, 1962 als Re-Issue bei Charlie Parker Records.
Daß es vorzüglich ist, steht außer Frage, man hat sich wohl nur nicht entscheiden können, wem der Löwenanteil zu verdanken ist. Wäre es nach den Eigenkompositionen gegangen, hätte eigentlich wie ursprünglich stets der Name des Pianisten Jimmy Rowles den Umschlag schmücken müssen, denn von ihm stammen fünf der aufgenommenen Titel, darunter auch der vergleichsweise schwache Titelsong. „Cheetah´s For Two“ kommt da, ebenso „The Blues“, in dem Mel Lewis seinen Drumbeat hören lassen kann, wesentlich besser.
Es ist wie gesagt ein ganz feines Album im gepflegten Mainstream, das bereits im Opener „Lullaby of Birdland“ die erlesene Besetzung featured: Jimmy Rowles am Klavier, Harold Land am Tenorsaxophon, Larry Bunker am Vibraphon, am Kontrabaß Red Mitchell, Barney Kessel an der akustischen Gitarre. Pete Candoli kommt an der Trompete erst in „All For You“ zu seinem ersten Feature, dann in „Body and Soul“ zaubert er mit und ohne Dämpfer. In „Perdido“ hören wir O-Töne verschiedenen Proben-Takes mit der Stimme des Bandleaders, nur verrät das Leaflet der CD nicht, wessen Stimme das ist. Damit hätten wir einordnen können, wer hier der eigentliche Boß ist. Da aber im Hintergrund Barney Kessel an seiner Gitarre zupft, kann vermutet werden, daß es Jimmy Rowles war.
 
Als Bonus-Album und brillanter Kontrast ist eine komplette LP (zum ersten Mal überhaupt auf CD zu hören) des John Anderson Orchestra aus dem Jahr 1966 beigegeben: „Time Will Tell“. Acht Titel wurden mit u.a. Harold Land, Barney Kessel und Harry „Sweets“ Edison (tp), Jack Wilson (p), Bob West (b) und Mel Lee (dr) aufgenommen. Beim Drummer habe ich das Gefühl, daß sich hinter diesem Pseudonym Mel Lewis versteckt hat - hören Sie sich mal den Drumbeat an. Das ist satter, klangvoller Bigband-Drive mit scharfen Bläser-Riffs, bei dem die Post abgeht, genau wie man es sich wünscht. Hinter den fünf besten Titeln steht Bandleader und Arrangeur John Anderson auch als Komponist. Picobello. Eine Rarität und von den Musenblättern empfohlen.
 
Barney Kessel & Harold Land – „El Tigre“ + „Time Will Tell“
© 2019 Essential Jazz Classics CD
Barney Kessel (g) – Harold Land (ts) – Pete Candoli (tp) – Larry Bunker (vib) – Jimmy Rowles (p) – Red Mitchell (b) – Mel Lewis (dr) – The John Anderson Orchestra mit u.a. Harry „Sweets“ Edison (tp) - Jack Wilson (p) - Bob West (b) - Mel Lee (dr)
 
Titel:
El Tigre: 1. Lullaby Of Birdland - 2. Tea For Two - 3. All For You - 4. Body And Soul - 5. El Tigre - 6. Cheeta`s For Two - 7. The Cobra - 8. East Of The Sun - 9. The Blues - 10. Perdido - 11. The Blues [Take 1] - 12 - The Blues [Take 2] –
Bonis-Album: 13. Time Will Tell - 14. Brasilia - 15. I`ve Grown Accustomed To Her Face - 16. Flame On The Desert - 17. Frantic Fiesta - 18. The Twister - 19. Passeone Blues - 20. A Woman Of Stature 
Gesamtzeit: 1:11:54
 
Weitere Informationen:  www.in-akustik.com