Nicht so gut, wie er sein könnte, aber in vielen Details schaurig stimmig.

„Kaviar“ von Elena Tikhonova

von Renate Wagner

Kaviar
(Österreich 2019)

Regie: Elena Tikhonova
Mit: Margarita Breitkreiz, Georg Friedrich, Simon Schwarz, Joseph Lorenz, David Oberkogler u.a.
 
Da brauchen wir also eine Russin, die seit knapp zwei Jahrzehnten in Österreich lebt, damit sie uns punktgenau – als hätte sie es gewußt – eine Ösi-Oligarchen-Polit-Korruptionskomödie auf die Leinwand zaubert, die wie ein Kommentar zu den jüngst stattgefundenen Ereignissen wirkt.
Erzählt wird die Geschichte von Nadja (Margarita Breitkreiz), ihrerseits Russin, schlecht behandelte Frau für alles für den Oligarchen Igor (Mikhail Evlanov) (solchen Leuten widerspricht man besser nicht), der von der nicht unrichtigen Überzeugung durchdrungen ist, mit seinem Geld alles kaufen zu können. Wenn er also auf der Wiener Schwedenbrücke eine Villa, seine Villa bauen lassen will (warum soll das nicht gehen, auf der Ponte Vecchio in Florenz ging es ja einst auch?), dann ist das doch nur eine Frage dessen, wen man schmiert, nicht wahr? Und an Taschen voll Geld (drei Millionen auf Anhieb, später wird mehr versprochen) fehlt es nicht.
Natürlich ist es eine blanke Parodie, die Regisseurin Elena Tikonova auf die Leinwand bringt: Da hat sie zwei gierige Österreicher (Georg Friedrich und Simon Schwarz bilden ein Dodel-Paar, wie es nur eine Handbreit von der Wirklichkeit entfernt ist), und da gibt es einen schwafeligen Politiker, den Joseph Lorenz schon a priori so im Strache-Stil angelegt hat, daß er geradezu echt wirkt. Erstens tun die Herrschaften für Geld ohnedies alles – und wenn sie sich zweitens zieren wollen und meinen, so einfach ginge es ja doch nicht, dann muß Nadja ihnen klar machen, daß man mit russischen Oligarchen nicht scherzt. Die haben nämlich keinen Humor und auch keine Skrupel… Ja, und für das Geld muß auch noch die Staatsbürgerschaft drin sein, klar?
 
Wenn es um brutale Forderungen geht und um Leute, die entdecken müssen, daß man sich mit dem Teufel besser nicht an den Tisch setzt, ist der Film vorzüglich. Leider haben die Drehbuchautoren (Produzentin Ursula Wolschlager und Robert Buchschwenter) dann zu viel an Posse und Schwank-Elementen eingebaut. Da soll es eigentlich auch um Girlie-Power gehen – drei Frauen, Nadja, die pfiffige Russin Vera (Daria Nosik) und das einheimische Kindermädchen Teresa (Sabrina Reiter), die meinen, das ganz große Geld, das noch kommt (das sind dann 100 Millionen), könne man sich schließlich unter den Nagel reißen und die Männer austricksen. Da verliert die Geschichte dann den Boden unter den Füßen und ist die vergebene Chance, eine echte Politsatire zu bieten. Vor allem, wenn die angebliche Frauen-Power dann eigentlich in wehleidiges Weiber-Gezänk umbiegt.
Es gibt komische Szenen, wenn der Oligarch die Bauarbeiten auf der Brücke besichtigen will und man ihm eine Baustelle vorspielt, die man, nachdem er weg ist, der Polizei (David Oberkogler) als „Flashmob“ (eine unerlaubte öffentliche Veranstaltung) verkaufen will. Und wenn alle auf das Geld lauern, das mit einem Laster über die Grenze kommen soll… da wird es dann total unübersichtlich, nur eines ist klar: Auf der Suche danach muß man in des Wortes engster Bedeutung in der Scheiße wühlen.
Natürlich darf eine Satire mit Klischees arbeiten, also schauen Damen und Herren des Ostblocks genau so althergebracht abgegriffen aus wie die dümmlich-gierigen Österreicher, und Billig-Sex scheint als Mittel immer zu funktionieren. Und dennoch – das ist der Film zu Ibiza. Nicht so gut, wie er sein könnte, aber in vielen Details schaurig stimmig.
 
 
Renate Wagner