Letzte Perlen

Inge Brandenburg – „I Love Jazz“

von Frank Becker

Letzte Perlen
 
Raritäten von Inge Brandenburg
 
Musikkritiker und Jazzexperten von damals und heute sind einhellig nach wie vor der Meinung, daß Inge Brandenburg neben der Valente wahrscheinlich die beste Jazz-Sängerin Europas gewesen ist, vergleichen sie mit Billie Holiday und Ella Fitzgerald und bescheinigen ihr allerhöchstes Talent, aber auch, daß sie wohl aber auch von allzu vielen (Geschäfts-)Partnern ausgenutzt wurde. Doch in der Tat hatte sie von allen das Beste: die Eleganz, den Glamour und die Souveränität von Anita O´Day, das Timbre von Ella Fitzgerald und die Seele von Billie Holiday, zu der sie sogar eine tiefe innere Verbindung gehabt haben muß. Zwei phantastische Sängerinnen, zwei gebrochene Charaktere, zwei tragische Karrieren.
 
Nach dem großen Erfolg der CD und des Films „Sing! Inge, sing!“ veröffentlicht Unisono-Records zu Inge Brandenburgs 90. Geburtstag und 20 Jahre nach ihrem Tod zur Erinnerung an die große deutsche Jazz-Sängerin unter dem Titel „I Love Jazz!“ ein Album mit 18 bisher unveröffentlichten Aufnahmen dieser Ikone. Marc Boettcher, der Inge Brandenburg ja schon mit seiner Film- und Buchbiographie ein Denkmal setzte, hat die Raritäten in Rundfunk- und Privatarchiven entdeckt und mit Hilfe von Label-Chef Patrick Römer technisch überarbeitet und legt sie nun in hervorragender Qualität vor.


Inge Brandenburg (links) mit Caterina Valente - Foto © Klaus Bier


Inge Brandenburg (rechts) mit Anit O´Day

Ab 1959 entstand bei verschiedenen Plattenfirmen mit Deutschlands bekanntesten Orchestern – ich nenne nur Peter Herbolzheimer, Paul Kuhn, Franz Thon, Werner Müller, Kurt Edelhagen und Erwin Lehn - ein breitgefächertes Repertoire aus Jazz, Blues, Chanson, Schlager und Musical, das Inge Brandenburgs musikalisches Talent, ihre gesangliche Vielseitigkeit und ihr einzigartiges Gefühl für den Jazz demonstrierte (wenn es auch an ihrem Englisch etwas haperte). Auch Musikerkollegen wie z.B. Klaus Doldinger, der Gitarrist Ladi Geisler, das Ensemble Günther Leimstoll oder das Michael-Naura-Quartett und der Trompeter Dusko Goykovich, aber auch großartige Arrangeure wie Jerry van Rooyen, Helmut Kirchgässner, Heinrich Riethmüller oder Joki Freund haben an den Aufnahmen mitgewirkt, die nun dem Vergessen entrissen sind.
Sogar wenn sie die Schlager sang, die ihr aufgezwungen wurden, steckte auch da durch ihre einzigartige Stimme noch jede Menge Jazz drin. Eine weithin unbekannte Seite der Jazz-Lady zeigt sich mit drei Songs, bei denen sie sich in Zusammenarbeit mit den von ihr hochgeschätzten Komponisten Peter Herbolzheimer und Wolfgang Dauner in ihren letzten Studioaufnahmen von 1970/71 auch als Texterin bewährt.
Von uns bekommt das so ambitionierte wie gelungene Album das Musenblätter-Prädikat, den Musenkuß. Unsere Schallplatte des Monats.


Inge Brandenburg mit Chet Baker - Foto © MBfilm

 
Inge Brandenburg - Foto © MBfilm

Inge Brandenburg – „I Love Jazz“
Herausgegeben und produziert von Marc Boettcher
© 2019 Unisono-Records (Patrick Römer) im Vertrieb der EDEL - VÖ: 31.05.2019
Inge Brandenburg (voc) - u. a. mit den Orchestern Erwin Lehn, Michael Naura, Paul Kuhn, Kurt Edelhagen, Werner Müller und Klaus Doldinger in Kooperation mit dem SWR, HR und dem RBB
 
Titel:
1. A Taste Of Honey (K: Bobby Scott, T: Ric Marlow) Südfunk-Tanzorchester unter Leitung
von Erwin Lehn 1:53 - 2. Like A Straw (Wie ein Strohhalm im Wind) (K: W. Dauner, T: Inge Brandenburg) Südfunk-Tanzorchester unter Leitung von Erwin Lehn 3:40 - 3. Cry Me A River (K+T: Arthur Hamilton) Südfunk-Tanzorchester unter Leitung von Erwin Lehn 4:24 -
4. Zeig mir was Liebe ist (A Face Of Love) (K: Peter Herbolzheimer, T: Inge Brandenburg)
Südfunk-Tanzorchester unter Leitung von Erwin Lehn 3:18 - 5. Summertime (K. George Gershwin, T: Ira Gershwin/Dubose Heyward) Klaus-Doldinger-Quartett 4:20 - 6. Was weißt Du von Liebe (You Don‘t Know What Love Is) (K: Gene De Paul, T: Don Raye) Südfunk-Tanzorchester unter Leitung von Erwin Lehn 4:52 - 7. Moritat von Mackie Messer (K: Kurt Weill, T: Bertolt Brecht) RIAS-Tanzorchester unter Leitung von Werner Müller 3:05 - 8. Stella By Starlight (K: Victor Young, T: Ned Washington, BA: Bob Pronk) WDR-Orchester Kurt Edelhagen, u. a. mit Dusko Gojkovich (tp) 2:26 - 9. What‘s The Matter, Daddy (K+T: Elisa Beth) Klaus-Doldinger-Quartett 4:49 - 10. But Not For Me (K. George Gershwin, T: Ira Gershwin) 3:08 - 11. Zähle nicht immer die Stunden (K+T: Heinrich Rietmüller) NDR-Rundfunkorchester unter Leitung von Franz Thon u. a. mit Ladi Geisler (g) 3:37 - 12. Makin‘ Whoopee (dt.) (K: Walter Donaldson, T: Gus Kahn, dt. T: Paul Kuhn) 2:39 - 13. St. Louis Blues (K: William C. Handy (non protected shares), T: Mercedes Gilbert) 4:36 - 14. Hello Little Boy (K+T: Ruth Brown) Ensemble Günther Leimstoll 2:23 - 15. On The Sunny Side Of The Street (K: Jimmy McHugh, T: Dorothy Fields, BA: Jerry van Rooyen) SFB-Tanzorchester unter Leitung von Paul Kuhn 3:01 - 16. Round Midnight (K: Thelonious S. Monk/Charles Cootie Williams, T: Bernhard D. Hanighen) Michael-Naura-Quartett 4:51 - 17. Das Riesenrad (K: W. Dauner, T: I. Brandenburg) Südfunk-Tanzorchester unter Leitung von Erwin Lehn 2:07 - 18. I Love Jazz (K+T: Sidney Sid Shaw) NDR-Rundfunkorchester unter Leitung von Franz Thon 2:15
Gesamtzeit: 1:01:33


Inge Brandenburg mit German All Stars Joki Freund, Emil Mangelsdorff, Dusko Goykovich, Albert Mangelsdorff - Foto © MBfilm

 
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