1984 war gestern

Toby Walsh – „2062 – Das Jahr, in dem die künstliche Intelligenz uns ebenbürtig sein wird.“

von Frank Becker

1984 war gestern
 
KI – Fluch oder Segen?
 
 
„Die Künstliche Intelligenz wird unsere Welt vollkommen verändern.
Die Welt des Jahres 2062 wird ganz anders aussehen als die, in der wir heute leben.
Damit wir im Jahr 2062 das Leben führen können, das wir uns wünschen,
müssen wir über einen umfassenden Umbau unserer Gesellschaft nachdenken.“
Toby Walsh
 
Es ist keine Utopie wie einst bei Jules Verne oder Hans Dominik, Toby Walsh zeichnet in seinem kompakten Sachbuch zum Thema Künstliche Intelligenz ein sachliches Bild des aktuellen Standes und der kommenden Entwicklung. Genau die Voraussehbarkeit ist es, die bei der Lektüre zunehmend beunruhigt. Nicht etwa, daß Walsh ein düsteres Zukunfts-Szenarium entwickelt – im Gegenteil, er sieht durchaus die nützlichen Möglichkeiten der KI. Doch er warnt nicht nur einmal davor, daß ein Kontrollverlust über die Technik den Konstrukteuren das Heft aus der Hand nehmen könnte. Er schlägt dabei den Bogen so weit wie möglich, um die Dimension aufzuzeigen, in der das Erschaffen künstlicher Intelligenz das Individuum und die Gesellschaft betrifft, nennt die Gefahren einer Technik, die „klüger“ sein könnte als ihre Konstrukteure, geht auf die bereits existierende Perversion computergesteuerter, selbst entscheidender Waffensysteme ein und beleuchtet den Alltag der Zivilgesellschaft.

Bis zum Jahr 2062 werden wir Maschinen entwickelt haben, die so intelligent sind wie wir, prognostiziert Toby Walsh, einer der weltweit führenden Wissenschaftler auf dem Feld der künstlichen Intelligenz. Bereits das Wissen um die gigantischen Informationssammlungen von Handels- und Wirtschaftsunternehmen wie Amazon, Google, Facebook etc. muß den Leser zutiefst beunruhigen. Daß vernetzte Haushalte, Smartphones und Sprachassistenten wie Siri und Alexa ununterbrochen, Tag und Nacht, auch bei ausgeschaltetem Modus Informationen über ihre Besitzer sammeln und auswerten, ist ein Horror – aber Tatsache. Darüber hinaus zu erfahren, daß solches Wissen jederzeit, zumal von Künstlichen Intelligenzen, verknüpft, gehackt und zum Schaden des Menschen benutzt werden kann, läßt schaudern. Irgendwer bzw. irgendein System wird, das beweisen die Schrecken der Vergangenheit, all das Wissen zur eigenen Bereicherung, zur taktischen Kriegführung oder auch nur, weil er anderen schaden möchte, benutzen. Denn was auf dem Technologie-Markt an Gutem entwickelt wird, wird auch in die Hände des Bösen geraten.

Toby Walsh erörtert die Möglichkeiten des autonomen Straßenverkehrs ebenso wie die Chancen der Kranken- und Altenpflege - wird man die Verantwortung für Menschen endgültig Maschinen übertragen? -, er schaut aber auch auf die Entwicklung von Waffensystemen und die Risiken politischer Einflußnahmen (längst keine Utopie mehr!) per Datenmißbrauch und KI.  Da werden, wenn es soweit ist, auch die von dem Biochemiker und Science Fiction-Autor Isaac Asimov (1929-1992) im Jahr 1942 festgelegten Gesetze der Robotik  allenfalls ein müdes Lächeln hervorrufen. Sie sehen schon, liebe Leser, daß ich die Entwicklung der KI äußerst skeptisch betrachte. Schließlich resultieren die zivile Nutzung der Kernkraft und die verheerende Atombombe aus dem selben wissenschaftlichen Prinzip, der atomaren Kettenreaktion. Toby Walshs Buch ist eine lesenswerte Analyse, die eher beunruhigt als Hoffnung weckt. Hüten wir uns also davor, die Büchse der Pandora zu öffnen.
 
Ein Computer braucht lediglich ein neues Programm, um eine neue Aufgabe bewältigen zu können. Daher ist er unendlich anpassungsfähig. Unsere gegenwärtigen Computer könnten in der Zukunft sehr viel mehr leisten als in der Gegenwart. Sie haben sogar das Potential, künstliche Intelligenz zu entwickeln. Wir müssen lediglich das richtige Programm für sie schreiben.Womit wir bei der nächsten revolutionären Idee sind: Wir müssen dieses neue Programm nicht einmal selbst entwickeln – der Computer kann das tun. Er kann lernen, neue Aufgaben zu bewältigen. Er kann sogar lernen, sich intelligent zu verhalten.
Toby Walsh
 
Toby Walsh – „2062 – Das Jahr, in dem die künstliche Intelligenz uns ebenbürtig sein wird.“
© 2019 riva Verlag, 336 Seiten, Hardcover - ISBN: 978-3-7423-0860-3
22,- €
Weitere Informationen: www.rivaverlag.de