„Kunst soll das Schöne in die Welt zurückbringen“

Der in Wuppertal lebende Künstler Tony Cragg wird heute 70 Jahre alt.

von Andreas Rehnolt

Tony Cragg - Foto © Frank Becker

„Kunst soll das Schöne in die Welt zurückbringen“
 
Der in Wuppertal lebende britische Künstler Sir Tony Cragg wird heute 70 Jahre alt - Der vor allem als Bildhauer tätige Cragg gilt als einer der einflußreichsten Künstler weltweit und fertigt 2019 erstmals auch Kirchenfenster.
 
 Von Andreas Rehnolt
 
Kunst soll das Schöne in die Welt zurückbringen“ erklärte der international renommierte Künstler und Bildhauer Sir Tony Cragg (Anthony Douglas Cragg) vor seinem 70. Geburtstag. Der gebürtige Brite, der seit rund 40 Jahren in der bergischen Metropole Wuppertal lebt und arbeitet, wird heute70 Jahre alt. Der langjährige Professor und mehrjährige Rektor an der bekannten Kunstakademie Düsseldorf gilt als einer der einflußreichsten Künstler weltweit.
 
Tony Cragg ist Ehrenbürger der Stadt Wuppertal und wurde unter anderem 1988 mit dem Turner Prize, London, 1989 mit dem Von der Heydt-Kulturpreis, Wuppertal, 1992 als Chevalier des Arts et des Lettres, 2007 mit dem mit 120.000 € dotierten japanischen Praemium Imperiale,  2008 mit dem Ehrenring der Stadt Wuppertal, 2012 mit Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, 2012 mit dem Cologne-Fine-Art-Preis und 2013 mit dem mit  30.000 Euro dotieren Kunstpreis der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland geehrt.
2008 wurde in seiner Wahlheimat Wuppertal sein 15 Hektar großer Skulpturenpark „Waldfrieden“ eröffnet, in dem er nicht nur eigene Arbeiten, sondern auch Werke von anderen international angesehenen Bildhauern präsentiert. Aktuell läuft dort noch bis zum 16. Juni eine Ausstellung mit Skulpturen des Künstlers Martin Disler.
 
Der am 9. April 1949 in Liverpool als Sohn eines Piloten und Elektro-Ingenieurs der Luftfahrtindustrie geborene Cragg arbeitete zunächst in der biochemischen Forschung, bevor er sich für seinen weiteren Lebensweg für die Kunst entschied. Ein genialer Zeichner war er nach eigenen Angaben bereits „von Kindesbeinen an“. Zunächst am Cloucestershire College of Art and Design und später am Londoner Royal College of Art interessierte er sich vor allem für die Bildhauerei. 
Mit dem Bleistift umkreist er gedanklich seine zukünftigen Skulpturen und läßt die Silhouetten einander durchdringen. Forschend, neugierig, insistierend, aber auch verspielt ist sein Blick auf Formen und Denkmodelle. Viele Jahre unterrichtete er an der renommierten Kunstakademie Düsseldorf, einige Jahre war er deren Leiter, bevor es ihn nach nur einer Amtszeit wieder zurück in die eigenen Ateliers in Wuppertal und nach Schweden zog, um selbst kreativ zu werden.
 
Kurz vor seinem runden Geburtstag hat Cragg mit einer für ihn bislang eher untypischen Arbeit begonnen. Der vor allem für seine üppigen und tonnenschweren Skulpturen bekannte Künstler hat für eine persönliche Premiere nun auch für zwei Kirchen in Sachsen-Anhalt mit der Produktion von diversen Kirchenfenstern begonnen. Er wolle damit zeigen, daß er „auch zarte und zerbrechliche Kunst schaffen könne“, so Cragg zu den Fenstern in der evangelischen Kirche in Großbadegast bei Köthen. 
Zudem wird der Künstler auch in für eine Kirche bei Zerbst im Landkreis Anhalt-Bitterfeld weitere Fenster schaffen, so die Pfarrerin Anke Zimmermann. Nach ihren Worten war Cragg vor allem deswegen bereit, für die Kirche in Großbadegast zu arbeiten, weil in der Dorfkirche „bislang keine großen Sanierungsmaßnahmen vorgenommen worden waren und sie so ihren Originaleindruck nicht verändert“ haben.
Mitte 2019 sollen die zwei ersten blau-gelben Fenster in Blau und Gold hinter dem aus dem 15. Jahrhundert stammenden Altar des Gotteshauses eingebaut sein. Mindestens sieben weitere sollen dann folgen.
 
Craggs Credo lautet seit vielen Jahren: „Ankämpfen gegen die Verarmung der Formen in der Welt.“ Und das scheint ihm mit seinen teils meterhohen und tonnenschweren Skulpturen als Fieberglas, Bronze oder Edelstahl prächtig zu gelingen. Seine Werke werden in aller Welt ausgestellt und zählen in zahlreichen großen Städten rund um den Globus zum Straßenbild. Im vergangenen Jahr fand eine Ausstellung mit seinen Skulpturen und Zeichnungen im Kunstpalast Düsseldorf statt.
„Craggs Werke faszinieren durch das Wechselspiel zwischen sinnlichem Reiz, ihrer makellosen Oberfläche und ihrer rationalen und genau geplanten konzeptuellen Basis“, sagte damals Kay Heymer vom Museum bei der Eröffnung. Um seine enorm schweren Werke aufzustellen, müssen meist Sattelschlepper oder Kranwagen eingesetzt werden. Sobald sie an Ort und Stelle stehen, strahlen sie Leichtigkeit aus. Kaum ein anderer Künstler habe „schwer und aufwendig zu bearbeitenden Materialien eine solche Leichtigkeit der Erscheinung abgerungen“, hieß es bei einer Preisverleihung.
 
Tony Cragg versteht seine Arbeit als Künstler darin, daß er immer wieder neue Erkenntnisse erlangen will. Dafür sprechen auch seine enorme Formenvielfalt und Experimentierfreude mit den unterschiedlichsten Materialien. Anfangs verwendete er einfache Alltags-Gegenstände, später Abfall. Heute arbeitet er mit Edelstahl, Holz, Bronze, Stein, Glas und Kunststoffen.
 „Bei ihm konnte alles zum Kunstwerk werden und wurde alles zum Kunstwerk“, sagte der Direktor des Museums Küppersmühle für Moderne Kunst, Walter Smerling, bei der Eröffnung einer großangelegten Ausstellung zu Craggs Kunst mit Werken aus über vier Jahrzehnten. Im vergangenen Jahr erhielt Cragg den NRW-Landesverdienstorden, „weil er die Kulturlandschaft NRW um große Schätze bereichert und das Land um ein gutes Stück bunter, vielfältiger und lebenswerter gemacht hat“.
 
Redaktion: Frank Becker