Robert Redford so liebenswert wie eh und je

„Ein Gauner & Gentleman“ von David Lowery

von Renate Wagner

Ein Gauner & Gentleman
(The Old Man & the Gun - USA 2019)

Regie: David Lowery
Mit: Robert Redford, Sissy Spacek, Casey Affleck, Danny Glover u.a.
 
Robert Redford ist 82, und er schafft es immer noch, mindestens einen Film pro Jahr zu drehen – meist als Darsteller, manchmal als Regisseur. Er hat im Laufe einer langen und glanzvollen Karriere so manchen unwiderstehlichen Gauner gespielt. Das versucht er in „Ein Gauner & Gentleman“ noch einmal. In, wie er sagte, seinem letzten Film. (Aber man soll bekanntlich niemals „nie“ sagen…)
Wieder einmal – wie so viele amerikanische Filme derzeit – eine wahre Geschichte. Daß jemand als „Fluchtkünstler“ bekannt werden konnte wie der historische Forrest Tucker, der es als „Criminal“ sogar in Wikipedia geschafft hat, ist jedenfalls skurril genug.
Zu Beginn strahlt unser nicht mehr junger Held, der so ganz noch unser aller Robert Redford ist (was bedeuten schon Falten?), in einem schäbigen Coffee Shop irgendwo in Texas eine sympathische nicht mehr junge (wenn auch spürbar jüngere) Frau an, die er anläßlich ihrer Autopanne kennen gelernt hat. Wie man halt so ins Gespräch kommt… er sagt, er sei „in sales“, was vielleicht Vertreter bedeuten soll. Aber eigentlich sei es ein Geheimnis, was er tue. Dann sagt er es doch: Er ist Bankräuber. Klar, daß sie ihm das zuerst nicht glaubt.
Es sind Robert Redford und die unvergessliche Sissy Spacek (sie wird heuer 70, aber man sieht es ihr nicht an), die da zusammensitzen. Genug schauspielerisches Potential singulärer Art (zumal sich die Begegnungen wiederholen), um einen ganzen Film zusammenzuhalten.
 
Aber wenn Redford allein unterwegs ist – natürlich in seinem „Job“, als Bankräuber –, dann ergibt sich das Märchenhafte dieser Geschichte. Er ist nämlich, und man glaubt es ihm, so freundlich, höflich und gentlemanlike bei seinen Missetaten, daß die sanft bedrohten Damen an den Bankschaltern gänzlich seinem Charme erliegen und alle Beraubten später bei der Polizei nichts Böses über ihn zu sagen wissen. Redford bemüht da den jugendlichen Charmeboy seiner früheren Filme, sein Lächeln, seine Ausstrahlung, und wenn es Rückblenden gibt, durfte der Regisseur sich an altem Redford-Film-Material bedienen, das hier hineingeschnitten wurde.
Denn es ist ja auch noch in der Vergangenheit einiges zu erzählen. Obwohl Forrest Tucker die meiste Zeit seines Lebens hinter Gittern verbrachte (und dort auch 2004 im Alter von 84 Jahren starb), stehen doch ein paar „Heldentaten“ an – Banküberfalle und Ausbrüche, immerhin 30 im ganzen, 18 erfolgreich, 12 nicht erfolgreich, wie man erfährt… Ein turbulentes Leben.
 
Und Regisseur David Lowery - der mit Redford gemeinsam schon den märchenhaften Film „Pete’s Dragon“ (Elliot, der Drache) gemacht hat - schaltet, obwohl es ja doch um Verbrechen geht, nie auf Hardcore: Er glaubt ihm (und Casey Affleck, der den Polizisten auf der Jagd spielt, lernt es auch zu glauben), daß es Tucker nicht ums Geld geht. Sondern um den Spaß. Um das Gefühl, sich lebendig zu fühlen. Vielleicht auch darum, daß man sich an ihn erinnert.
Wenn man sich an diesen „Gentleman“ als Redfords letzter Rolle erinnern soll, hat er darin alles zusammengefaßt, was ihn in so vielen Filmen über Jahrzehnte hinaus so liebenswert und unvergeßlich gemacht hat. Dazu muß das Ganze gar kein Meisterwerk sein (und ist es auch nicht…).
 
 
Renate Wagner