Leidenschaft und Tod als Komödie

Uraufführung von Manfred Wekwerths Tragikomödie

von Frank Becker

Leidenschaft und Tod als Komödie
 
„Celestina“ – Uraufführung einer von Manfred Wekwerth besorgten Dramatisierung
des Romans „Komödie von Calisto und Melibea“ aus dem 15. Jahrhundert
 
Im Rahmen der 52. Rittersaalspiele auf Schloß Burg präsentiert das Westdeutsche Tourneetheater Remscheid die Uraufführung der Tragikomödie „Celestina“
 
Gut 500 Jahre sind vergangen, seit der spanische Student Fernando de Rojas (1476–1541) seinen Roman „Comedia de Calisto y Melibea“ – damals aus verständlicher Sorge vor der Inquisition noch anonym – veröffentlichte und der Literatur damit erstmals einen Kolportageroman aus der Welt und dem Leben „unterhalb“ der höfisch-bürgerlichen Moral schenkte. Seine Figuren sind neben den beiden Liebenden und ihrer herrschaftlichen Umgebung in der Hauptsache Domestiken, Diebe, Gauner und Huren, wie eben die späteren Bearbeitungen und Übersetzungen den Namen gebende Kupplerin, die Zigeunerin Celestina.
Der vornehme Calisto muß sich auf deren verachtete Ebene hinab begeben, um mit ihren Zaubermitteln die von ihm begehrte feine Melibea zu erobern. Das Vorhaben gelingt, doch in tragikomischer Manier bleiben bis zum unglücklichen Ende alle Protagonisten auf der Strecke. Da wird betrogen, gelogen, erschlagen, hingerichtet und zu Tode gestürzt, daß kein Auge trocken bleibt. Dem Stoff und der Vorlage angemessen deftig hat Prof. Dr. Manfred Wekwerth den 800 Seiten starken Roman komprimiert und dramatisiert. Bis 1990 Präsident der Akademie der Künste der DDR, Mitglied des ZK der SED und als Regisseur international renommiert, war er bis 1991 Intendant des Berliner Ensembles. Ergebnis seiner Bühnenbearbeitung ist mit Blick auf die philosophisch-moralische Seite der Halbwelt eine bissige Satire auf die totale Vermarktung, eine Groteske in der Art von Dario Fo.
Unterstützt vom Bühnenbild Joachim Voglers (Staatstheater Cottbus) mit Picassos erotischen Skizzen zur „Celestina“ und im Stil spätmittelalterlicher Vagantenbühnen hat Manfred Wekwerth selbst die Regie übernommen – seine zweite Arbeit für das WTT nach dem großen Erfolg seines „Jedermann“. In der Titelrolle wird Wekwerths Ehefrau Renate Richter zu sehen sein, seit 1960 auf Bühnen im deutschsprachigen Mitteleuropa und in Fernsehproduktionen präsent. Dazu hat WTT-Prinzipal Jaschi Jaschinski sein gesamtes Ensemble und Gäste aufgeboten.
 
Uraufführung/Premiere im Rittersaal von Schloß Burg ist am 18.10. um 19.30 Uhr. Es sind noch einige Karten zu haben (Tel. 02191-32285, Fax 02191-343798). Weitere Vorstellungen am 19., 25. und 26.10..
 
Frank Becker, 12.10.02