Schuld und Sühne

Judith Arendt – „Helle und der Tote im Tivoli“

von Frank Becker

Schuld und Sühne
 
Heller Jespers erster Fall

Zimtschnecken kann Helle Jespers, Polizeichefin in Skagen, nicht widerstehen, besonders, wenn sie selbstgebacken sind. Davon gibt es zum Glück genug in ihrer gemütlichen kleinen Polizeistation, die sich hauptsächlich mit Falschparkern und Ladendieben befassen muß. Doch durch einen im Tivoli, dem berühmten Vergnügungspark der Hauptstadt Kopenhagen begangenen spektakulären Mord an dem pensionierten Skagener Gymnasialdirektor werden Helle und ihre Leute plötzlich mit einem Mordfall und seiner Aufklärung  konfrontiert. Nun ja, eigentlich sollen ja nur der Staatlichen Mordkommission unter Søren Gudmund ein wenig zuarbeiten – aber Helles Ehrgeiz, ihr Spürsinn und nicht nur ihrer sind geweckt, und so mischen sie, Amitra, Ole und die anderen Skagener Schupos mit. Ein zweiter Mord, der zunächst keinen Zusammenhang erkennen läßt, ist aber der Schlüssel.
 
Dänemark-Krimis haben sich durch Jussi Adler Olsen, Katrine Engberg, Julie Hastrup und andere längst etabliert. Judith Arendt hat sich als Bühne für ihren Dänemark-Krimi-Erstling die eigentlich beschauliche Nordspitze Jütlands ausgesucht, da, wo Nord- und Ostsee zusammenkommen und eigentlich nur Touristen, die allerdings in Unmengen, für Abwechslung sorgen. Und eben im Tourismus und der Vergangenheit findet Helle Jespers Ansätze zur Erklärung der Zusammenhänge und zur Aufklärung der schrecklichen Taten, auf die eben nur eine Einheimische kommen kann. Das muß auch Søren Gudmund anerkennen und schließlich vor der vielleicht etwas übergewichtigen, aber findigen und energischen Kommissarin den Hut ziehen. Daß ausgerechnet ein Freund und Kollege Helles irgendwie darin verwickelt ist und zu lange schweigt, macht die Suche nach dem Mörder nicht leichter.
 
„Helle und der Tote im Tivoli“ ist flüssig, sehr spannend und kundig mit Lokalkolorit geschrieben, und Judith Arendt hat ein Personal entwickelt, das man förmlich vor sich sieht, ja fast mit Händen greifen kann. Die Menschen ihrer Umgebung und die Skagener Polizisten möchte man bei weiteren Fällen erleben. Es ist ein Buch, das man, einmal „drin“, am Abend nicht gerne weglegt und am folgenden Tag denn auch zügig zu Ende liest. Ein „Pageturner“, wie es im Englischen punktgenau und unübersetzbar heißt. Ich jedenfalls warte bereits ungeduldig auf den nächsten Krimi mit Helle Jespers.
 
Judith Arendt – „Helle und der Tote im Tivoli“
© 2018 Hoffmann und Campe, 287 Seiten, Klappenbroschur
ISBN: 978-3-455-00271-3
16,- € (D) / 16,50 € (A) / 21,50 sFr