Es bleibt gut - und düster

Der Junge Inspektor Morse - 4. Staffel

von Frank Becker/Red.

Der Junge Inspektor Morse - 4. Staffel
(OT: Endeavour)

Einmal mehr überzeugt in Staffel 4 von „Der Junge Inspektor Morse“ der 38-jährige Shaun Evans als idealistischer Detective Constable Morse, der erneut die kompliziertesten Mordfälle in und um Oxford löst. Doch sogar ein überlegener Geist wie er bedarf z.B. in der Folge „Totenmasken“ nicht nur eines Supercomputers, um einen schachfanatischen Killer zur Strecke zu bringen – auch die immer wieder mit intelligenten, klarsichtigen Kombinationen überraschende Polizistin Shirley Trewlove (Dakota Blue Richards) trägt nicht nur hier ihr Scherflein bei. Das tut auch der Gerichtsmediziner Dr. Max DeBryn (James Bradshaw), der sein Fach nicht nur versteht, sondern auch mit Überzeugung liebt.

In „Irrungen“ gerät der junge Morse in einen konfliktgeladenen Zwist zwischen einer bekannten Popgruppe (Parallelen zu den Beatles sind eher nicht zufällig) und einer unerbittlichen christlichen Fundamentalistin. Ein scheinbar verfluchtes Krankenhausbett „Bett Zehn“, in dem unverhältnismäßig viele Patienten vor ihrer Zeit sterben und um das sich dramatische Ereignisse abspielen, gibt Rätsel auf, die sich ganz anders auflösen als erwartet. Was ein fünf Jahre vergangenes Verschwinden eines Biologen mit einem Terroranschlag auf ein nahe gelegenes Kernkraftwerk in „Sonnenglanz“ zu tun hat, löst sich ebenso überraschend auf. Hier könnte hinter den Kulissen übrigens auch DCI Barnaby mitgemischt haben. Beruflich sieht sich Morse von Gegenern, denen er in der Vergangenheit auf die Füße getreten hat, ausgebremst – seine Prüfungsunterlagen zum Sergeant verschwinden, er wird nicht befördert und es wird bei ihm zu Hause eingebrochen. Unglück in der Liebe macht dem Misanthropen Morse, der hier nie das richtige Wort im passenden Moment findet, das Leben schwer und er wird immer introvertierter und einsamer.
Morse findet aber auch die verschwundene Tochter seines knallharten Chefs Fred Thursday (Roger Allam) wieder, zu der er sich sehr hingezogen fühlt, und er bekommt aus London das lockende Angebot, einer neuen Einheit anzugehören, inkl. Beförderung.


WPC Trewlove (Dakota Blue Richards), DC Morse (Shaun Evans)

Morse-Drehbuchautor Russell Lewis hat zum Jubiläum der Serie etliche liebevolle Reminiszenzen an den beliebten Inspector Morse versteckt (zum Staffelstart war es nämlich 30 Jahre her, seitdem die erste Folge von Inspector Morse in einer Adaption von Colin Dexters Roman „The Dead Of Jericho“ am 6. Januar 1987 ausgestrahlt wurde). Abigail Thaw, Tochter des Original-Morse-Darstellers John Thaw, ist wieder als sympathische Zeitungsredakteurin Dorothea Frazil dabei, und auch Thaws Witwe Sheila Hancock ist in der 4. Staffel als Wahrsagerin Dowsable Chattox zu sehen (entliehen wurde der Rollenname übrigens einer bedauernswerten Frau, die Anfang des 17. Jahrhunderts als Hexe angeklagt wurde). Den renommierten Professor George Amory spielt in der ersten Folge der Neuseeländer James Laurenson, der auch in der ersten Episode vor drei Jahrzehnten mitwirkte.
 

DI Fred Thursday (Roger Allam)

Anspielungen und Reminiszenzen sind ohnehin Russell Lewis‘ Leidenschaft: So wird eine Schacheröffnung von der vielseitig begabten WPC Shirley Trewlove als „Kronsteens Variation“ des „Königsgambits“ bezeichnet – eine Referenz an den „Spectre“-Schurken Tov Kronsteen aus dem James Bond-Film From Russia With Love (in Wirklichkeit kreierte diese legendäre Variation ja bekanntermaßen Schachweltmeister Boris Spasski); die weiße Maus, die in der Folge Totenmasken eine kleine Nebenrolle spielt, verweist auf Douglas Adams‘ „Per Anhalter Durch Die Galaxis“, in dem ein Riesencomputer von hyperintelligenten weißen Mäusen gebaut wurde. Der aufmerksame Zuschauer findet des Weiteren Hinweise und Zitate von den Beatles und Donald Fagens „Nightfly“; darüber hinaus sind Anspielungen an „Die Schwarze Narzisse“, „Das China-Syndrom“ oder „The Wicker Man“ natürlich für versierte Musik- und Kinofreaks das reinste Vergnügen.
 
Staffel 4 von Der Junge Inspektor Morse ist wie gewohnt fabelhaft atmosphärisch und mit dem wunderschönen Oxford als pittoresker Kulisse ein Genuß.
 
Trailer Staffel 4 (englisch): https://www.youtube.com/watch?v=Z3fYsUa5rXU
Trailer Staffel 4 (deutsch): https://youtu.be/MYpcHuiuuIc
P.S. In der „Episode Bett 10“ legt übrigens ein guter alter Bekannter aus Midsomer hie und da Hand an, der sichtliches Vergnügen an seiner Darstellung eines promiskuitiven Aufschneiders hatte…
 
(VÖ: 15.06.2018; 2 DVDs inkl. über 40 Minuten Bonusmaterial; Edel:Motion)