Von großer Komödiantik ist hier nicht die Rede

„Overboard“ von Robbie Greenberg

von Renate Wagner

Overboard
(USA 2017)

Regie: Robbie Greenberg
Mit: Eugenio Derbez, Anna Faris, Eva Longoria, Swoosie Kurtz u.a.
 
Wenn es in der Filmwelt eine neue „Masche“ gibt, wird allerorten heftig daran gestrickt. Im Moment geht es um „Gender Switch“. Man erinnert sich an „Overboard“, einen der klassischen Goldie-Hawn-Filme? Da spielte sie eine zickige Millionärin, die von einem Durchschnittsmann auf ganz erdige Art und Weise gezähmt wird. Das war 1987. Das Remake, mehr als 30 Jahre später, dreht die Situation „gendermäßig“ um: Jetzt ist es ein mexikanischer Playboy, den eine all-american Mother zurechtbiegt…
 
Es ist allerdings ein echtes B-Movie, das man hier geboten bekommt, wobei die Besetzung mit einem nicht mehr jungen Mexikaner – Eugenio Derbez, Jahrgang 1961, ist über das Alter hinaus, einen Latin Lover zu verkörpern – sich an ein bestimmtes Publikum wendet: Schließlich gilt Derbez in seiner Heimat als einer der einflußreichsten Darsteller, das empfiehlt ihn auch dem Latino-Publikum der USA. An seiner Seite eine unauffällige Blondine, die in die Fußstapfen einer Reese Witherspoon, einer Katherine Heigel tritt, die es alle nie geschafft haben, auch nur annähernd so spritzig zu sein wie einst die als fälschlicherweise hausbacken verschriene Doris Day… Anna Faris wird damit kein Star.
Die Story kennt man, andersrum, man hat sie in Erinnerung: Diesmal ist es ein unausstehlicher mexikanischer Playboy namens Leo, der sich auf seiner Jacht jedem gegenüber wie der Rotz am Ärmel benimmt, inklusive gegenüber Kate, die bei ihm putzt und die er sich zu bezahlen weigert, weil sie ihn nicht auch noch bedienen und eine Mango bringen will – was bildet er sich eigentlich ein?
 
Ja, und hat man vor 30 Jahren mit Vergnügen zugesehen, wie die unausstehliche, zickige Frau klein gestampft wurde (Weib, überhebe Dich nicht!), trifft es diesmal das liebste Opfer des Feminismus: den überheblichen Mann. Geschieht ihm recht, dem Kotzbrocken, daß er über Bord fällt und ohne Gedächtnis angeschwemmt wird.
Man versteht sogar, daß seine Schwester Magda (Cecilia Suarez), die sich um die Familiengeschäfte kümmern muß, damit der Playboy im Geld schwimmen kann, froh ist, ihn los zu sein und ihn verleugnet.
Freilich, daß Kate (allein erziehende Mutter dreier Töchter und mit einer unausstehlichen Mutter geschlagen, witzig: Swoosie Kurtz) und ihre Freundin Theresa (Eva Longoria) jetzt diesen Leo aus dem Krankenhaus holen und behaupten, er sei Kates Mann – man glaubt es keine Sekunde, nicht einmal auf der Ebene einer Komödie, die ja an sich keine Glaubwürdigkeit anstrebt.
 
Aber andererseits gibt es in der Folge ein paar drollig realistische Wendungen: Wenn Leo zwar nicht weiß, wer er ist, aber echtes Entsetzen angesichts der Tatsache empfindet, daß er als Ehemann und Vater dreier Töchter auf einmal arm sein soll: „I am poor?“ Und wenn er einen Drink braucht, möchte er nicht hören, daß er ein trockener Alkoholiker ist… Kate denkt sich für ihre Rache allerlei Qualen für ihren Playboy aus. „This can’t be my life!“ begreift er instinktiv. Vor allem, wo die angebliche „Ehefrau“ von Sex (das einzige, was ihn interessieren würde) nichts wissen will…
Aber was bleibt ihm übrig? Der Film segelt ganz schön auf der Welle von Häme und Schadenfreude, wenn er wie andere Mexikaner einfach auf den Bau geschickt wird, obwohl er nur mühsam lernt, was da zu tun ist (daß er dabei für die eigene Firma, bzw. die des im Krankenbett liegenden alten Vaters, arbeitet, kommt noch dazu). Wie er auch lernt, im Rahmen einer weißen Unterschicht zu leben, mit drei Töchtern (die auch nicht einfach sind, ihn aber bald mögen) zurechtzukommen. Und dann seinerseits trickreich zu werden – und sich in seine Situation geschickt zu fügen.
Diese psychologische Entwicklung, so simpel sie ist, macht eine zeitlang Spaß. Wenn er plötzlich merkt, daß er Französisch kann, muß man ihm das erst erklären: „Du warst auch mal Fremdenführer.“ Und sein altes Ich gewinnt Überhand, wenn er die Töchter kommandiert – er ist schließlich der Familienernährer. Ein Macho bleibt ein Macho, in welche Welt man ihn auch steckt…
 
Amerikanische Kritiker, die so witzig wie gnadenlos sein können, fanden für das Remake von Regisseur Robbie Greenberg die Bezeichnung “Overbored”— und man kann es ihnen nicht übel nehmen, die Langeweile spielt mit. Denn lange hält die Geschichte nicht, sie dümpelt letztlich ohne überbordenden Witz auf ihr vorhersehbares Ende zu, wo der Millionärssohn wiederentdeckt und mit der Stretchlimousine heimgebracht wird, aber das einstige Leben schal findet… Wird er lieber Familienvater spielen?
Aber Hollywood ist gnädig: Wenn einer ein besserer Mensch wird, dann sorgt man dafür, daß er wenigstens in seinem künftigen Leben auch eine Menge Geld hat. Anders ist ein Happyend nicht möglich.
Was hat nun die gender-switched Story gebracht? Im Grunde wenig, weil sie einst ja auch vor allem von der Brillanz der Goldie Hawn gelebt hat. Und von großer Komödiantik, die diese Geschichte zum Funkeln bringen könnte, ist hier nicht die Rede.
 
Renate Wagner