Wie sich Özil und Gündogan ins Abseits stellen

Ein Kommentar

von Ulli Tückmantel

Foto © Anna Schwartz
Wie sich Özil und Gündogan
ins Abseits stellen
 
Von Ulli Tückmantel
 
Zwei türkischstämmige Fußball-Millionäre, die sich aufgrund der besseren Verdienstaussichten zu Beginn ihrer Karriere für die deutsche Staatsbürgerschaft entschieden haben, lassen sich im türkischen Auslandswahlkampf mit dem türkischen Diktator Erdogan fotografieren – da möchte man bloß noch fragen: Jungs, wer hat Euch denn vor die Schüssel getreten?
     Daß der DFB-Chef in Erahnung des aufziehenden Unmuts prophylaktisch grindelte, der Fußball und der DFB stünden für Werte, „die von Herrn Erdogan nicht hinreichend beachtet werden“, und der Integrationsarbeit des Verbands „haben unsere beiden Spieler mit dieser Aktion sicher nicht geholfen“, darf man als scheinheiligen Pflichtprotest zur Beruhigung der deutschen Fan-Seele abhaken.
So lange es den Deutschen Fußball-Bund kein bißchen stört, daß WM-Gastgeber Wladimir Putin mindestens so wenig wie Erdogan die Werte des Fußballs und des DFB beachtet, sollte DFB-Präsident Reinhard Grindel nicht auf allzu hohe moralische Rösser klettern. Zu Rußland und Putin fiel Grindel bislang lediglich ein, der DFB setze „auf Dialog und nicht Boykott“.
     Was immer auch Mesut Özil und Ilkay Gündogan dazu bewogen haben mag, sich vor den Karren eines Diktators spannen zu lassen, der Deutsche in der Türkei als Justiz-Geiseln hält, Deutschland mit Spitzel-Imamen überflutet, unsere Gesellschaft spaltet sowie in der Türkei Demokratie und Menschenrechte mit Füßen tritt – sie stellen sich damit ins Abseits und gießen Öl ins Feuer der deutschen Dauer-Debatte um Integration und doppelte Staatsbürgerschaft. Und natürlich wirft es Fragen nach der Loyalität auf, wenn Gündogan ein Trikot mit dem Satz „Für meinen Präsidenten, hochachtungsvoll“ signiert.
     Es ist ganz einfach zu merken, Herr Gündogan: Ihr Präsident heißt Steinmeier, Ihre Kanzlerin Merkel und Ihre Verfassung Grundgesetz. Wenn Ihnen daran was nicht paßt: Ziehen Sie unser Trikot nicht an.
 
 
Der Kommentar erschien am 15. Mai 2018 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.