Näher an van Gogh

Hermann Syzygos – „Ein Fest für Vincent“

von Frank Becker

Näher an Vincent
 
Van Gogh mit anderen Augen
 
Alle Frauen sind Strahlemädchen,
wenn sie gut behandelt werden.
(Ein Fest für Vincent, S. 11)
 
Das schönste Buch der Welt“, sei es, findet der Autor und Verleger Hermann Syzygos (al. Herbert Witzel) – und auch wenn man sich diesem stolzen Superlativ nicht ganz anschließen möchte, muß man konstatieren, daß es eines der schönsten Bücher ist, die wir in den letzten Jahren in Händen halten durften. Das liegt vor allem daran, daß es ist mit Liebe und Hingabe gemacht worden ist.
Mit dem Füllfederhalter in angenehmer Handschrift verfaßt, im farbigen Druck übertragen auf leinwandähnliches, strukturiertes Feinpapier, als Blockbuch ohne Schnürung mit einem Leinenrücken gebunden, macht die Erzählung, die Hermann Syzygos um Vincent van Gogh, den Briefverkehr mit seinem Bruder Theo, den Japonismus, seine impressionistischen Kollegen, um Clasina Maria Hoornik, genannt Sein und eine Einladung der Familie Roulin zum Weihnachtsessen rankt, ungeteiltes Vergnügen.
Es gibt zahllose Bücher um und über Vincent van Gogh, seine Bilder, sein Leben wurden analysiert, kommentiert, ausgeschlachtet. Hier nun haben wir ein Buch vor uns, das geschickt und irgendwie artig Wahrheit und Fiktion ineinanderfließen läßt, womit es uns den genialen und ein wenig verrückten Maler und Menschen näher bringt.
 
Umfangreich mit Gemälden und Zeichnungen Vincent van Goghs und seiner Malerkollegen sowie zeitgenössischen Fotografien illustriert, entsteht ein greifbares Bild vom Leben des eigenwilligen, gutherzigen, zeitlebens wirtschaftlich erfolglosen Künstlers in Paris und Arles, dessen Ruhm heute den seiner Zeitgenossen überstrahlt. Wir erfahren von den durch die Zeichenlehrer Anton Mauve und Anthon von Rappard angestoßenen Anfängen, vom Austausch mit seinen impressionistischen Kollegen, vom Japonismus in van Goghs Malerei (zu dem es übrigens derzeit eine Ausstellung in Amsterdam gibt) und von den Menschen seines Umfelds, die in Form von Portäts in reichem Maß in sein Werk eingeflossen sind. Besonders die Familie Roulin, die ihm Wohnung gab und deren Einladung zum Weihnachtsessen den Rahmen der Erzählung steckt, hat ihn neben der zeitweiligen Lebensgefährtin Sein zu etlichen Bildern inspiriert. Durch dankenswert viele eingeflochtene seiner Selbstporträts lernen wir van Gogh dabei ein wenig genauer zu betrachten.
 
Besonders charmant ist, daß Herbert Witzel die Korrekturen im handschriftlichen Text 1:1 ins Buch übernommen hat. Das verleiht dem Band noch mehr Leben. Und am Ende… – ist es ja vielleicht für den einen oder anderen Leser doch das schönste Buch der Welt. Auf jeden Fall sollte man sich von der kleinen Auflage flugs ein Exemplar sichern. Unser Buch der Woche und unser Prädikat, den Musenkuß, wert.

Ach Theo, wenn es jemals so ein Buch mit Bildern von mir gäbe,
japanisch gedruckt und gebunden, das wäre wahrhaftig ein Fest für mich!

(Ein Fest für Vincent, S. 58)
 
Hermann Syzygos – „Ein Fest für Vincent“
(…oder Gottes Fortsetzungsroman)
Eine handschriftliche Van-Gogh-Erzählung im Rixdorfer Japandruck
© 2018 worttransport.de Verlag, 75 Seiten, flexibler Halbleineneinband, japanische Blockbuchbindung - mit vielen, überwiegend farbigen Illustrationen - ISBN 978-3-944324-54-8
20,- €
Zu beziehen über Ihre Buchhandlung oder direkt beim Verlag (zuzüglich 2,- EUR Versandkosten)
 
 
rechts: Vincent van Gogh Brücke im Regen nach Utagawa Hiroshige →