Mont Saint-Michel - Der "magische" Glaubensberg"

Mai 2008: Ein abendländisches Glaubensmonument feiert 1.300 Jahre Bestehen

von Andreas Rehnolt mit Fotos von Andrea Sölter

Foto: Maison de la Fance/Photomontageacce `s Mont Imagence 3D
Syndicat mixte de la Baie

Der "magische Glaubensberg des Abendlandes" wird 1.300 Jahre

Der Mont Saint-Michel vor der Küste der Normandie erwartet
zu den Jubiläumsfeiern auch Papst Benedikt


Mont Saint-Michel - "Der Berg strahlt eine besondere Magie aus, und er ist das spirituelle Zentrum in Europa". Für Père André Fournier ist der weltberühmte Mont Saint-Michel, knapp einen Kilometer vor der Küste der Normandie, "der magische Glaubensberg des Abendlandes". Der Rektor des Pilgerzentrums freut sich auf den 4. Mai, an dem die Feierlichkeiten zum 1300. Gründungstag des berühmten Benediktinerklosters auf der Felseninsel beginnen. Seit dem Jahr 2001 leben wieder sieben Mönche und fünf Nonnen der Gemeinschaft Jerusalem auf dem Berg und halten in ihren weißen Gewändern Messen für die vor allem touristischen Besucher.


Einzigartiges Denkmal mittelalterlicher Kloster- und Festungsarchitektur


Nach der Legende erschien im Jahre 708 der Erzengel Michael dem Bischof von Avranches, Aubert, mit dem Auftrag zum Bau einer Kirche auf der Felseninsel. Aber der Bischof folgte auch der mehrfach wiederholten Aufforderung nicht, bis der Engel ihm mit seinem Finger ein Loch in den Schädel brannte. Die seit 966 bestehende Benediktinerabtei bildet in ihrer gegenwärtigen, aus dem 10. bis 15. Jahrhundert stammenden Gestalt ein einzigartiges Denkmal mittelalterlicher Kloster- und Festungsarchitektur. Nicht zuletzt, weil sie im Hundertjährigen Krieg allen englischen Attacken trotzte, nahm der Kult um den Erzengel Michael als Beschützer Frankreichs zu. Im September erwartet der legendäre Felsen Papst Benedikt zu den Feierlichkeiten des runden Jubiläums, sagt Alain Conan vom Touristenbüro auf Mont Saint-Michel.


Le Mont Saint-Michel - Foto © Andrea Sölter

Anfangs lebten auf dem Felsenberg die Stiftsherren, also weltliche, nicht im Kloster lebende Priester. Sie wurden aber im 10. Jahrhundert wegen "schlechter Führung" vertrieben und von Mönchen des Benediktinerordens aus der Abtei Saint-Wandrille bei Rouen abgelöst, weiß Père André Fournier zu erzählen. Nach seinen Worten kommen inzwischen drei bis 3,5 Millionen Menschen jährlich auf die Klosterinsel, die seit 1979 zum Weltkulturerbe der Unesco zählt. Nach den Engländern und Italienern stehen die Besucher aus Deutschland an dritter Stelle der touristischen Besucher. "Ohne die Chinesen und Japaner geht aber hier nichts mehr", betont Magalie Robert, die die Gäste die steilen Treppen der "Gouffre" (Schlucht) zur Kathedrale hoch begleitet.


Per aspera ad astra


Von unten sieht die Treppe tatsächlich aus, als würde sie immer enger und führte in einen abgrundtiefen Schlund. Das ist aber nach den Worten des Rektors des Pilgerzentrums nur eine optische Täuschung. "Je höher man steigt, desto näher kommt man dem Licht", so der Geistliche.
"Die Leute werden immer herkommen. Viele der etwa 200.000 Pilger-Besucher fragen nach einem Beichtgespräch oder der Möglichkeit, an einer Messe teilzunehmen,", sagt Pere Andre. Im Pilgerzentrum der Bruderschaft gibt es sogar Betten für zehn Besucher. Wer über Nacht bleibt, kann in den Sommermonaten faszinierende Licht- und Tonspektakel in der riesigen Abteikirche erleben, welche die nur rund 55.000 Quadratmeter große Insel mit einem Umfang von nur 830 Metern


Kreuzgang - Foto © Andrea Sölter
dominiert.

Von allen Besuchern der Felseninsel schaffen es nach den Worten von Magalie Robert nur etwa eine Million tatsächlich bis hoch in die Abtei. Schon vor 1.000 Jahren kamen Pilger und machten den Mont Saint-Michel nach Jerusalem, Rom und Santiago de Compostela zum viertwichtigsten Wallfahrtsort des Abendlandes, berichtet Père André. Einfach unvergleichlich schön und unvergeßlich ist für all jene, die sich dem anstrengenden Aufstieg unterzogen haben, der Kreuzgang der Abteikirche. Als der König von Frankreich die Normandie eroberte und dabei alles in Schutt und Asche legte, stiftete er an die Mönche hohe Geldsummen, um seine Seele zu retten, berichtet Père André. Die Mönche bauten daraufhin im frühen 13. Jahrhundert in nur 17 Jahren den Kreuzgang mit versetzt angeordneten Säulenreihen. Herrlich die mit Blumenfriesen dekorierten Arkaden aus Kalk von Caen und die Säulen aus englischem Muschelmarmor.


Erzengel Michael auf der Kirchturmspitze


Jeden Tag mit Ausnahme des Montag wird um 12.15 Uhr in der Abteikirche die Messe zelebriert. In


Saint Michel - Foto © Andrea Sölter
der Kirche Saint Pierre, der zweiten Kultstätte auf der Felseninsel, wird die Messe täglich um 11 Uhr gefeiert. Seit über zehn Jahrhunderten ist das Gotteshaus in der Mitte der kleinen Ortschaft die Pfarrkirche des Berges und die Kirche der heiligen Stätte des Erzengels Saint Michel, dessen Statue in der Seitenkapelle steht. Im Zuge der französischen Revolution wurde die Klostergemeinschaft aufgelöst. Bis zum Jahr 1863 diente die Abtei als Gefängnis. 1874 schließlich wurde die Abtei zum Baudenkmal erhoben. Die vergoldete Bronze-Statue des Heiligen Michael leuchtet weithin sichtbar auf der Spitze des Glockenturms der Abteikirche. Sie ist ein Werk des Bildhauers Emmanuel Fremiet und stammt aus dem Jahre 1897.

Um die in den vergangenen Jahrhunderten immer stärker gewordene Verlandung in der riesigen Bucht um die Felseninsel zu stoppen und dem Mont Saint-Michel seinen Teil der Gezeitenströme und damit auch seine ganze Spiritualität wiederzugeben, wurde im Jahr 2006 ein Projekt zur Renaturierung (vgl. Fotomontage oben links) begonnen, dessen Gesamtkosten auf rund 164 Millionen Euro veranschlagt werden. Bis zum Jahr 2012 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein und die "Glaubensfestung" wieder im ursprünglichen Charme strahlen, versichert Père André Fournier vom Pilgerzentrum.


Informationen über das Reiseziel Normandie unter: www.franceguide.com/de/normandie


Redaktion: Frank Becker