Deborah Henson-Conant
Im Konzert und im Interview
Vor restlos ausverkauftem Haus gastierte Debora Henson-Conant im FORUM am Arrenberg und stellte sich anschließend bereitwillig meinen Fragen. Ihr guter Ruf eilt ihr mittlerweile voraus und so war schon lange vor ihrem Auftritt jeder Stuhl im alten FORUM besetzt.
Was dann den begeisterten Musikfreunden geboten wurde, war ein Brillantfeuerwerk an der Harfe, genauer: an den beiden blauen Harfen, die von CAMAC in Mouziel/ Frankreich eigens für sie gebaut und ihr vom Hersteller in Verehrung geschenkt wurden. Was sie diesen Instrumenten an Jazz, Folk, Poesie und Boogie entlockt, ist ein Spiegel ihrer musikalischen Persönlichkeit, ein Noten-Regenbogen aus eigenen Kompositionen, Traditionals und Standards.
Deborah Henson-Conant beherrscht alles, auch das Publikum, mit dem sie in Dialog tritt, das sie liebt und von dem sie herzlich wiedergeliebt wird. DHC - so kürzt sie sich selber ab und hat sich damit ein Markenzeichen gegeben - präsentiert sich in Cowboy-Stiefeln und Ledermini als Rocklady, Magierin an der Harfe, orientalische Geschichtenerzählerin, Stimmwunder und ihre Träume teilendes Mädchen, das sie noch immer ist, wie sie bekennt. Dabei ist die 1953 in Stockton / Kalifornien geborene Künstlerin längst die unbestrittene Königin ihres Instruments, von Konzertveranstaltern in Amerika, Europa und Asien begehrt und gut sechs Monate im Jahr auf Tournee - eine Schwerstarbeiterin mit guter Laune. Sie tritt in Clubs und kleinen Veranstaltungsräumen wie dem FORUM, das sie zum zweiten Mal beherbergen konnte und dem sie die Treue halten wird, ebenso gerne auf wie in großen Sälen. Sie spielt solo gleich gerne wie mit kleiner Besetzung oder großem Orchester. Wenn sie von dieser Tournee nach Hause, das ist Summerville bei Boston / Mass. zurückkehrt, wartet ein ganz großes Ereignis auf sie: Sie wird mit den weltberühmten Boston Pops spielen, auf deren Anfrage hin sie ihre eigenen Kompositionen für diesen 90-köpfigen Klangkörper arrangiert hat.
Es ist für einen Komponisten eine große Anerkennung und seltener Erfolg, daß große Symphonieorchester dessen Werke spielen wollen. DHC hat es geschafft. Viele Kornpositionen ihrer neuen CD „Alter Ego“ werden dabei sein. Man kann nur hoffen, auch das Ergebnis der Zusammenarbeit mit den Boston Pops bald auf CD hören zu können. Bei all der Arbeit und Reiserei, bei der ihr als guter Geist, Fahrer, Impressario, Sales Manager, Trost und Stütze ihr Mann Stephen („„.well, we're not exactly married...“) zur Seite steht, bleibt kaum ein Privatleben, die Zeit hat einfach noch nicht einmal zum Heiraten gereicht. Wenn sie mal zu Hause sind und Raum für anderes als die Musik ist, tanzt DHC gerne, joggt ungerne, aber dafür singend, schreibt Geschichten, zeichnet Cartoons (täglich einen, den sie dann ihrer Tante schickt) und fährt Fahrrad oder Rollerblades. Das Kochen liegt ihr nicht, was die Exponate ihres privaten „Museums für verbranntes Essen“ (museum of burnt food) beweisen, die man neben allen anderen Informationen über sie und ihre Arbeit im Internet unter www.hipharp.com abrufen kann. Ihre verbindenden Texte, Geschichten und die Dialoge mit dem Publikum spricht sie hauptsächlich in passablem deutsch, das sich DHC als Autodidaktin über das Lesen von Büchern
Ihre nächsten Pläne kennen wir ja schon, mit wem würde DHC denn noch gerne gemeinsam auftreten? Sie hat da einen ganz besonderen Geschmack und nennt ohne Zögern ihre Wunschpartner: Tina Turner, Sting, Bobby McFerrin, Maria Serrano, Mark Morris und die Gruppe „Kleine Tierschau Stuttgart“. Ich bin sicher, daß sich diese Wünsche eines Tages erfüllen lassen werden. Was feststeht ist, daß sie im nächsten Jahr Wieder nach Wuppertal kommen und im FORUM auftreten will, das bis dahin hoffentlich eine angemessene neue Spielstätte hat. Deborah Henson-Conant ist eine überragende Künstlerin, ein wundervoller Mensch, eine Beschenkte und ein Geschenk für uns alle. Freuen wir uns auf ein Wiedersehen!
Oktober 1997
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