Wie das Licht auf die Leinwand kam

Impressionistische Malerei - Eine Spurensuche

von Johannes Vesper

Impressionismus:
Wie das Licht auf die Leinwand kam


Die Ausstellung beschreibt die Geschichte des Impressionismus weniger aus kunsthistorischer als vielmehr aus technischer Sicht. Sie berichtet über die im 19. Jahrhundert erforschte Optik und Farbenlehre als Grundlage der impressionistischen Malweise, über farbige Schatten, die schon Goethe bei seiner Harzreise gesehen hat und die in einem kleinen Experiment in der Ausstellung selbst beobachtet werden können. Erst durch die Erfindung der Farbtube 1841 war das Malen unter freiem Himmel möglich geworden. In der Ausstellung wird dargestellt, welche Hilfsmittel die Impressionisten dafür mitschleppten: Staffelei mit Rädern, Falthocker, Malkoffer, Sonnenschirm, “Daumenkoffer” zum Halten der Malpappe - und wie gefährlich der Aufenthalt in der freien Natur war. In einer kleinen Federzeichnung von J.E. Millais (1853) ist zu sehen, wie man, so ausgestattet, bei einem Windstoß und dem Versuch, den fortfliegen Sonnenschirm zu retten, den Sturz in den reißenden Fluß kaum vermeiden kann. Monet soll 1885 am Strand von Eretrat bei unbemerkt kommender Flut seine gesamte Ausrüstung  verloren haben und Cezanne starb gar, nachdem er, 1906 von einem Gewitter überrascht,  erst spät hilflos aufgefunden wurde und sich von den Folgen nicht mehr erholen konnte.   

Die technisch perfekte akademische Malerei des Lehrherrn etlicher Impressionisten, Charles Gleyre, wird der skizzenhaft anmutenden impressionistischen Maltechnik gegenüber gestellt.

Wann ist ein Gemälde fertig? Wie spontan haben die Impressionisten eigentlich gemalt? Von van Gogh wird berichtet, daß er einen Perspektivrahmen zur Konstruktion seiner berühmten Zugbrücke von Arles benutzt hat. Die Hilfskonstruktionslinien sind auf dem Gemälde nachweisbar. In einem Brief hat van Gogh die Verwendung dieses konstruktiven Hilfsmittels erläutert. Unter dem “Paar” (bekannt


Paul Signac, Notre Dame - Foto © Frank Becker
als das “Ehepaar Sisley”) von Auguste Renoir konnte mit moderner Röntgentechnik eine ganz andere Bildkonstruktion sichtbar gemacht werden. Diese Hinweise wecken Zweifel an einer schnellen, spontanen Malweise der Impressionisten. Besucher der ersten Impressionistenausstellung 1874 hatten dagegen den Eindruck, als seien die Bilder hergestellt worden, in dem Farbe mit einer Pistole auf die Leinwand abgefeuert wurde.      

Welche Bedeutung hatte die Photographie für die Impressionisten? Schon die Schule von Barbizon hatte als Vorlage Photographien benutzt. Welche Farben standen den Impressionisten zur Verfügung? Die Entwicklung der chemischen Industrie in Europa im 19. Jahrhundert führte zu einer erheblichen Ausweitung der Farbpalette für Maler. Welchen Einfluß hatte die Form der Pinsel? Erst mit Hilfe der Metallzwinge aus Weißblech waren nach 1826 nicht nur runde, sondern auch flache Pinsel möglich. Die Bedeutung des flachen Borstenpinsels ist für die impressionistische Malerei von erheblicher Bedeutung. Solchen und mehr Fragen geht die interessante und dichte Ausstellung im Untergeschoß des Wallraf-Richartz-Museums nach.

Der vorzüglich ausgestattete Katalog „Wie das Licht auf die Leinwand kam“ von Iris Schäfer, Caroline Saint-George und Katja Lewerent zur gleichnamigen Ausstellung erschien im Skira Verlag Mailand, die vom 29.02.-22.06.08 in Köln (Wallraf-Richartz-Museum & Stiftung Corboud Köln) und anschließend (11.07.-28.09.08) im Palazzo Strozzi, Florenz zusehen ist.

© 2008, 238 Seiten, 227 meist farbige Abbildungen, 29.- €

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