Faszination Machu Picchu

Sabrina Janesch – „Die Goldene Stadt“

von Johannes Vesper

Faszination Machu Picchu
 
Die goldene Stadt – Roman von Sabrina Janesch
 
Machu Picchu, von drei heiligen Bergen umgeben, Symbol für Abenteuer, Wildnis, Anden, Urwald, für Inka-Gold und El Dorado, „ist von Klang und Düften ein wunderbarer Ort“ (Eichendorff). Mehr als 200 Paläste, Tempel und weitere Gebäude fanden sich in der Stadt, in der ursprünglich mehr als 1000 Menschen wohnten, die zur Führungsschicht der Inka gehörte. Gebaut wurde die Stadt ab 1450, niedergebrannt wurde sie 1562 und 10 Jahre später endgültig verlassen. Welche Idee die Inka geritten hat, Machu Picchu inmitten der Andenwildnis, auf hohem Bergkamm hoch über dem Urubamba verkehrstechnisch kaum erreichbar, zu errichten, bleibt unklar. Wissenschaftlich entdeckt wurde die Stadt von Hiram Bingham 1911, der seine gefundenen Goldschätze, Keramiken, Handwerkzeuge, Juwelen, menschliche Knochen nach Yale schaffte. 2011 erst wurden sie nach jahrelangen Forderungen aus Peru teilweise restituiert (http://www.npr.org/2010/12/15/132083890/yale-returns-machu-picchu-artifacts-to-peru ).
Ob die Augustiner schon 1657 oder ein Hermann Göhring beim Straßenbau 1874 oder Charles Wiener als Reisender 1875 oder Augusto Berns 1867 zuvor schon Machu Picchu entdeckt hatten, ist fraglich. Aber 2008 fand man in der Nationalbibliothek von Lima Papiere, Briefe, Pläne und Zeichnungen des Abenteurers Berns, aus denen seine Aktivitäten als Holzhändler und Goldsucher in der Region hervor gehen (http://peru-spezialisten.com/hiram-bingham-iii-lebenslauf-eines-entdeckers/) .
 
Dieser Quellen nahm sich Sabrina Janesch an und begann ihrerseits zu recherchieren. In kirchlichen Archiven fand sie Hinweise auf „Berns“ in Solingen Wald und Uerdingen, wo die Familie des Helden mit Wein und Uerdinger Korn handelte. August war bereits als Jugendlicher vom sagenhaften El Dorado fasziniert, der goldenen Stadt, die ursprünglich eher im nördlichen Südamerika lokalisiert wurde. Gold spielte für die Zugkraft und Attraktion Südamerikas schon bei den Spaniern eine Riesenrolle. Das gesamte Innere der Jesuitenkirche in Quito ist mit geraubtem Blattgold belegt ebenso wie die Kassettendecke von Santa Maria Maggiore in Rom. Und der Raufbold Francisco Pizarro, Schweinehirt aus der Estramadura, brachte den letzten Inka-König Atahualpa doch lieber um, obwohl der jede Menge Goldes herangeschafft hatte und daraufhin eigentlich hätte freigelassen werden sollen. In Cusco, dem Nabel der Inka-Welt, war die Umgebungsmauer der Coricancha (Sonnentempels der Inka) ursprünglich mit Gold abgedeckt. Im Garten der Anlage funkelten ehemals Bäume, Schmetterlinge, Vögel und Lamas aus reinem Gold. Das schrieb jedenfalls Garcilago de la Vega (1539-1616) in seinen „Königlichen Kommentaren“ über die Inka (1609). Cusco war aber nicht El Dorado, von dem Roberto Berns fasziniert war ebenso wie die Autorin von Peru, seinen Menschen, seiner Mythologie, seiner Geschichte und grandiosen Landschaft, die sie auf eigenen Reisen und Wanderungen über die Anden kennen gelernt hatte.


Intihuatana Machu Picchu - Foto © Johannes Vesper

Das Leben des Augusto Berns ist abenteuerlich. Seinen Lebenslauf stellt Sabrina Janesch tabellarisch an den Anfang des Romans. Danach wanderte der 21jährige nach Peru aus und nahm als Artillerie-Obrist an der Schlacht von Callao teil (2.05.1866). Spanien wollte nach seiner Kapitulation 1824 wieder Einfluß auf seine ehemalige Kolonie gewinnen. Als Ingenieur baute Berns an der Oraya-Eisenbahn quer und längs durch die Anden, die bis auf über 4700 m.ü. NN führt. Nach 6 Jahren kündigte er bei der Eisenbahngesellschaft und erforschte auf eigene Faust die Gegend, baut eine Sägemühle, stellt Teakschwellen für den Eisenbahnbau her und fand tatsächlich sein El Dorado, das sagenhafte Machu Picchu. Er reiste in die USA, dann nach Panama, baute am Panama-Kanal mit und gründete in Lima eine Aktiengesellschaft zur Ausbeutung der Ruinenstadt, deren vermuteten Goldschätze die Anleger blendeten. Berns setzte sich mit den eingesammelten Geldern seiner AG in die Anden ab und traf als alter Mann auf den „wissenschaftlichen“ Entdecker Hiram Bingham. Wahrhaftig ein Lebensroman.
 

Machu Picchu - Foto © Johannes Vesper

Auf 543 Seiten breitet ihn die junge Autorin Sabrina Janesch vor dem Leser in einer leicht lesbaren Sprache ansprechend aus. Im Mittelpunkt des Abenteuerromans steht der junge Preuße aus dem Rheinland, dessen aufregende Geschichte phantasievoll erzählt und mit Schilderungen von Schlachtengetümmel und Unwettern, von in den „tosenden“ Urubamba abstürzenden Maultieren mit unwiederbringlichem Verlust von Plänen und Akten, mit der treuen Liebe eines zugelaufenen Hundes und ein wenig Erotik angereichert wird. Der Roman ist als Unterhaltungslektüre geeignet für Peru-Touristen, die nach der Lektüre vielleicht die Faszination des Inka-Goldes, der Augusto Berns erlegen war, nachvollziehen können, obwohl man im Roman nicht sehr viel über die Kultur der Inka erfährt, von der wir ja immerhin die Kartoffel übernahmen.
 
Sabrina Janesch – „Die Goldene Stadt“
© 2017 Rowohlt Berlin, 543 Seiten, gebunden - ISBN 978 3 87134 838 9
22,95 €
Weitere Informationen:  www.rowohlt.de