K.O. Götz ist im Alter von 103 Jahren gestorben

von Andreas Rehnolt

Karl-Otto Götz, o.T. 1946, Privatbesitz - Foto © Frank Becker

Der Maler K.O. Götz ist im Alter von 103 Jahren gestorben
 
Der erste deutsche Action-Painter entdeckte 1972 den Rakel als Instrument
neuer Maltechnik.
 
Von Andreas Rehnolt
Der im wahrsten Sinne des Wortes als  Jahrhundertkünstler geltende, in Aachen geborene Maler Karl-Otto Götz (1914-2017) ist am 19. August in Niederbreitbach-Wolfenacker im südlichen Westerwald im Alter von 103 Jahren gestorben. Rund 80 Jahre seines langen Lebens hat der Künstler mit Malerei verbracht. K.O. Götz, wie er sich selber nannte, war 18 Jahre alt, als er das Werk des russischen Malers Wassily Kandinsky entdeckte, sich dafür begeisterte und anfing, mit Farbe zu experimentieren.
Götz galt als Meister des Informel (formlose Kunst). Dabei handelte es sich um eine Kunstform, die nach den traumatischen Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs entstand und deren Künstler auf der Suche nach neuen bildnerischen Ausdrucksmöglichkeiten waren. Das private Museum Küppersmühle in Duisburg würdigte das Schaffen des Malers als „entscheidend für die Entwicklung der deutschen Nachkriegskunst.“
In den letzten Jahren war der Künstler nach den Worten seiner Ehefrau seit 1965, der Malerin Rissa, schwach geworden und auch fast völlig erblindet. Seit 1974 lebten und arbeiteten beide im Westerwald. Götz hatte schon ein künstlerisches Leben, bevor er zum Meister des Informel wurde. Er studierte an der Kunstgewerbeschule in Aachen und später an der Dresdner Kunstakademie. 1933 schuf er seine ersten abstrakten Arbeiten und experimentierte zudem mit Film und Fotografie.
 
Trotz Mal- und Ausstellungsverbot unter den Nationalsozialisten malte er heimlich weiter. 1941 etwa seine „Luftpumpenbilder“, bei denen er Aquarellfarbe durch Stöße aus der Luftpumpe auf den Bildträger verteilte und danach weiterbearbeitete. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Götz in Wuppertal im Studio Rasch seine erste Einzelausstellung.
Reisen und Ausstellungen in Paris, Amsterdam und Frankfurt/Main folgten. Am 7. September 1952 malte er sein letztes Ölbild, danach arbeitete er nur noch mit einer Mischtechnik von Farbe auf Kleister. Sein Motto lautete von da an: „Ich fordere den Zufall heraus“. 1958 vertrat der Künstler Deutschland auf der Biennale in Venedig. Ein Jahr später begann er seine Professur für Freie Malerei an der renommierten und weltweit bekannten Kunstakademie Düsseldorf.
Dort lehrte er 20 Jahre lang. Zu seinen berühmtesten Schülern zählten unter anderem Gerhard Richter, Norbert Kricke, Sigmar Polke, Gotthard Graubner und seine spätere Frau Rissa.  Zudem galt er als früher Förderer des später international berühmt gewordenen Künstlers und Schöpfers des „erweiterten Kunstbegriffs“, Josef Beuys. Neben Gemälden schuf Götz in seinem langen künstlerischen Wirken auch Papierarbeiten, Druckgrafik, Rasterbilder, Keramiken, Glasfenster, Lichtmalereien und Stahlreliefs.
Zudem entstanden auch Werke zur Zeitgeschichte. 1958 etwa schuf er sein erstes Triptychon, in dessen Mittelteil eine informell gemalte schwarz-rote Kreuzform dargestellt ist, die an das christliche Kreuzsymbol erinnert. Die Seitenteile tragen die Titel „Juptier“ und „Matador“ und verweisen auf die US-Atomraketen, die damals in der Bundesrepublik stationiert waren. 2008 schuf er außerdem zwei monumentale Gemälde mit den Titeln „Menetekel I“ und „Menetekel II“, die auf die Terroranschläge auf das World Trade Center in New York Bezug nahmen.  
 
Götz fand eher zufällig 1952 zu einer gänzlich neuen Maltechnik. Er trug mit unterschiedlich großen Pinseln auf die mit Kleister versehene Leinwand Farbe auf, um sie dann blitzschnell durch einem Schieber aus Gummi oder Stahl (Rakel) wieder wegschleudern oder -rakeln zu können. Mit dieser Technik wurde der Maler zum ersten deutschen Action Painter. 
Nach Ansicht des Duisburger Museums MKM hat Götz wie kaum ein anderer Künstler das Informel national wie international geprägt. Der Maler habe zu den Künstlern gehört, „die unserem Land nach 1945 die kulturelle Würde wieder zurückgegeben haben, und war einer dieser wichtigen Boten der Freiheit“, betonte Museumsdirektor Walter Smerling in einer Würdigung des Verstorbenen.
Der Maler habe seinen Schülerinnen und Schülern „malerische Möglichkeiten jenseits gültiger Regeln aufgezeigt und vor allen Dingen immer über den eigenen Tellerrand hinaus geschaut“, so Smerling. Nach dem 100. Geburtstag hatten in den vergangenen Jahren  zahlreiche Museen - unter anderem in Koblenz, Düsseldorf, Duisburg, Aachen, Remagen, Wiesbaden, Hilden und Königswinter - mit umfangreichen Ausstellungen an die Person und an das Werk von K.O. Götz erinnert.