Schmäh!

Wien in Cartoons

von Sabine Kaufmann

Oasch!
 
Das Wesen Wiens und somit des Wieners in Cartoons zu fassen ist ein gar nicht so einfaches Unterfangen, wenn man betrachtet, wie genial es Autoren, Kabarettisten und Schauspieler wie Gerhard Bronner, Helmut Qualtinger, Carl Merz, Kurt Sowinetz, Fritz Eckardt, Hugo Wiener, Fritz Muliar, Karl Farkas, Kurt Jaggberg und nicht zu vergessen Georg Kreisler mit dem Wort getan haben.
Der Holzbaum Verlag versucht es mit der Neuauflage einer handlichen Broschüre, für deren Befüllung man etliche Nordlichter, mehrere Österreicher und sogar zwei laut Kurzbiographie waschechte Wiener aufgetrieben hat. Das vermittelt einen Blick auf das, was Wien für Betrachter aus unterschiedlichen Motiven, Regionen und Perspektiven ausmacht. Und der ist nicht unbedingt freundlich.
Warum aber stellt man Wien in ein solch wenig charmantes Licht? Will man sich auf Kosten des Wieners nur einmal ordentlich und mit viel Häme (Schmäh) amüsieren? Oder steckt etwas anderes dahinter? Vielleicht Außenminister Sebastian Kurz, der mit der Verteilung einer Sonderauflage in Arabisch, Kisuaheli und Ewe in den afrikanischen Herkunftsländern der Tschuschen künftigen Flüchtlingstrecks von vornherein den Schneid abkaufen will? Oder sollen nur Touristen aus Deutschland, die der Wiener ja fürchtet wie der Teufel das Weihwasser, vom Besuch der Donaumetropole abgehalten werden? Nicht zu vergessen die nicht unberechtigte Urangst der Wiener vor dem Türkensturm, die HUSE und Rudi Hurzlmeier in ihren Zeichnungen dokumentieren. Das bekannt Morbide im Wiener Charakter äußerte sich bekanntermaßen ja besonders bei Georg Kreisler (Wiener), der hier gleich dreimal, wenn auch nicht namentlich zitiert wird.
Die Tortendiagramme von Katzi vermitteln schon einen Eindruck von den Bereichen wienerischen Denkens, die weiland Sigmund Freud (kein Wiener) noch nicht ausgeforscht hat, Clemens Ottawa und Maria Antonia Graff bringen es auf den verbalen Punkt. Gern hergenommen werden auch W.A. Mozart (kein Wiener) und Adolf Hitler (kein Wiener). Kaiserin Maria Theresia und Möchtegern-Kaiser Mörtel Lugner aber halten das Wiener Fähnchen hoch.
 
Wichtig das Doppelblatt in der Mitte, das nun doch eine konziliante Haltung gegenüber englischsprachigen Gästen beweist. Harald Havas (Wiener) hat den U-Bahn-Plan seiner Heimatstadt phonetisch übertragen. Das ist lustig. Immer wieder. Das sollten auf jeden Fall die Wiener Tourismus-Büros als Gegenentwurf zu den üblichen Hochglanz-Broschüren vorhalten.


© Clemens Ottawa
 
Wien in Cartoons (Hrsg. von Clemens Ettenauer)
Mit Beiträgen von Andreas Prüstel, Ari Plikat, Bernd Ertl, Bruno Haberzettel, Clemens Ottawa, Daniel Jokesch, Harald Havas, Huse, Katzi, Maria Antonia Graff, Michael Dufek, Oliver Ottitsch, Reiner Schwalme, Rudi Hurzlmeier
© 2017 Holzbaum Verlag, 52 Seiten, geheftete Broschur – ISBN 978-3-902980-62-5
5,- €
Weitere Informationen:  www.holzbaumverlag.at