Mal zu zaghaft, mal zu forsch

Das TTT-Ensemble kämpft mit Schillers Geniestreich

von Daniel Diekhans


Mal zu zaghaft, mal zu forsch
 
Das Wuppertaler Taltontheater spielt Schillers „Die Räuber“
 
Regie: Jens Kalkhorst - Bühnenbild: Rüdiger Tepel - Maske: Sandra Kremer
Besetzung: Dennis Ellerbrake (Franz Moor) - David Meister (Karl Moor) - Michael Hans Herrmann (Vater Moor) - Lisa Marlen Flohr (Amalia) - Robin Schmale (Spiegelberg) - Moritz Stursberg (Schweizer) - Thomas Stratmann (Razmann) - Ivan Keim (Grimm, Hermann) - Maurice Kaeber (Daniel, Kosinsky) - Moritz Heiermann (Schwarz) - Jens Kalkhorst (Pastor Moser)
 

„Quae medicamenta non sanant, ferrum sanat, quae ferrum non sanat, ignis sanat.“
Hippokrates

„Die Räuber“ - genuschelt und gebrüllt: Das TTT-Ensemble kämpft mit Schillers Geniestreich
 
Jens Kalkhorsts „Räuber“-Inszenierung beginnt vielversprechend: In der Rolle der Brüder Moor stehen sich David Meister und Dennis Ellerbrake auf der Bühne gegenüber. Lauernd blicken sich beide an. In der Hand halten sie mannshohe Eisenstangen, die sich am Bühnenboden berühren und ein großes „V“ ergeben. Es ist ein Siegeszeichen, denn „V“ steht im Englischen bekanntlich für „Victory“. Doch wer wird der Sieger sein? Man rechnet damit, daß die beiden jeden Moment mit ihren Stangen aufeinander losgehen. Nichts geschieht. Eines stellt die stumme Szene freilich klar: der Kampf der feindlichen Brüder wird lang und grausam sein.
 
Leider ist das, was in den nächsten gut zwei Stunden folgt, bei weitem nicht so packend wie der Auftakt. Kalkhorst beweist zwar weiterhin Gespür für eindrucksvolle Bilder. Etwa wenn Meister und seine Räuber in spe das bürgerlich anständige Leben hinter sich lassen, indem sie sich ihre Krawatten und weiße Hemden vom Leib reißen – und darunter muskulöse Arme und blutrote Hemden zum Vorschein kommen.
Doch Schillers genialer Text (1781), diese feine Komposition aus Pathos, Wortwitz und Gefühlsüberschwang, wird von den Schauspielern reichlich lieblos behandelt. Das gilt vor allem für die beiden Hauptdarsteller. Nur weil David Meister seine Stimme zittern läßt oder steil nach oben schraubt, wird sein Karl Moor noch lange nicht lebendig. Die Wut des verstoßenen Sohns und die Verzweiflung des Gesetzlosen, keinen Seelenfrieden mehr zu finden – beides nimmt man ihm nicht ab.

Einzig Amalia zeigt klare Konturen
 
Als böser Bruder Franz spricht Dennis Ellerbrake mit derart schnarrender Stimme, daß man ihn kaum versteht. Der von ihm ständig gezeigte verkniffene Gesichtsausdruck macht den Eindruck nicht besser. Textverständlichkeit ist auch nicht die Stärke von Michael Hans Herrmann, dessen Vater Moor blaß, ja passiv wirkt. Die einzige Hauptfigur mit klaren Konturen ist Amalia. Die Stimme von Lisa Marlen Flohr ist klar, ihr Spiel konzentriert. Wie sie ihrem Gegenspieler Franz im schnellen Dialog Paroli bietet, ihm die Waffe abnimmt und zum Angriff übergeht, ist eine echte Schau.
Auch mit Karls Räuber-Freunden wird man nicht recht warm. Dabei sind erfahrene Schauspieler wie Maurice Kaeber und Moritz Stursberg mit von der Partie. Vielleicht liegt es daran, daß die einen zu zaghaft, die anderen zu forsch agieren. Immer wieder wird im Chor gebrüllt. Und was zu Schillers Zeiten eine revolutionäre Losung war („Freiheit oder Tod“), klingt da nur noch hohl.
Bevor nun aber der Zuschauer das Interesse an der Handlung verliert, gibt es doch noch ein paar gelungene Szenen. So, wenn Jens Kalkhorst als Pastor Moser die Bühne betritt und die Auseinandersetzung mit den „gottlosen“ Räubern sucht. Da bilden Text, Vortrag und Spiel eine echte Einheit.
 
Termine
Drei Mal noch sind Schillers „Räuber“ im Taltontheater, Wiesenstraße 118, zu sehen: am 11. März (20 Uhr), am 27. Mai (20 Uhr) und am 28. Mai (18 Uhr). Karten für 17 Euro im Vorverkauf unter 0211-274000 und für 18 Euro an der Abendkasse.
 
Weitere Informationen unter www.taltontheater.de