Bestsellerfressen (wie alles anfing)

„Machiavelli für Frauen. Strategie und Taktik im Kampf der Geschlechter“ von Harríett Rubin

von Wolfgang Nitschke

Wolfgang Nitschke - © Manfred Linke / laif
Mit dem Didgeridoo gegen
die Schwanzgesellschaft
 
„Machiavelli für Frauen. Strategie
und Taktik im Kampf der Geschlechter“
von Harríett Rubin
 
Liebe Leser!
 
Heute fühle ich mich wie Bernhard Grzimek, der Ihnen diesmal nicht ein faules Stinktier mitgebracht hat, sondern eine schwer-agile, kämpferische Kostbarkeit: Eine in naturbelassenen Vorstädten gar nicht mal so seltene, vorwitzige, äußerst gesellige, multitalentíerte, stolze, steinalte Giraffe mit Abitur. Nee, Quatsch, kann ja gar nicht sein! Es ist, glaub ich, die Wiedergeburt einer Säbelzahntigerin auf dem 7. Bildungsweg. Vielleicht auch eine Blindschleiche mit Drei-D-Brille. Oder 'ne Amöbe im Hosenanzug… ich kenn mich da nicht so aus. Es humpeln ja immer die Vergleiche.
„Machiavelli für Frauen - Strategie und Taktik im Kampf der Geschlechter“ heißt das Unikum, und die Schöpferin Harriet Rubin, der zur Zeit strahlendste Rubin und produktivste Dukatenesel im feministischen Abendland.
Und weil der Wolfgang Krüger Verlag weiß, daß seine Leserinnen ihm das Teil auch dann wie warme Semmeln aus der Hand fressen, wenn er 200 Gramm Harzer Kümmelkäse zwischen die Buchdeckel drücken würde, verschweißt er die Machiavella nicht in ordinäre Plastikfolie, sondern umhüllt sie mit edlem, transparentem Butterbrotpapier.
 
Der „Machiavelli“ hat was Mundgeblasenes;
er wirkt persönlich, ungemein zerbrechlich;
fraulich, fein und zartbesaitet;
einfach formidabel, feminin.
 
Mit männlichen Wurstfingern den Klebestreifen abzuknibbeln und wegzufriemeln - das grenzt schon an Tabuverletzung.
 
Tiefschwarz glänzt der Schutzumschlag,
und vornehm gülden blinken drauf die Lettern.
Zum Verlieben auch das lustig Lesebändchen,
einem Tampon gleich mit seinem grünen Fädchen.
 
Liebe Leser! Daß der „Machiavelli für Frauen“ keine Anleitung zum Sturz des Patriarchats sein soll, ist so durchsichtig wie die Tatsache, daß das Buch auch ohne Text auskommen könnte.
Daß man aber zum x-ten Male Wieder nur mit Begriffen zugeballert wird wie „mythische Bewußtheit, ursprüngliche Rhythmen, innerster Kern, Schicksal und gehen-laufen-fließen lassen“ Mädels, da dürft ihr euch nicht wundern, wenn man euch links liegen läßt! Die Sklaverei ist doch vorbei - Wir Mannsbilder von heute wollen doch keine Idioten unterdrücken! Gut, Logik ist nicht alles, und der Mann nur einfach strukturiert! Aber, sehr verehrte Harriet, wie soll man das begreifen? Seite 14 du schreiben:
Frauen, ihr müßt lernen, nicht vorsichtig zu sein!“, aber Seite 38: „Die Fürstin ist gerissen, stark und Vorsichtig!
Oder Seite 20: „Die Fürstin wandelt nicht auf den alten, ausgetretenen Pfaden ihrer Feinde.“ Aber 20 Seiten weiter: „Es gibt keine effektiveren Mittel gegen den Feind, als die, die er selbst verwendet.
…Ja, Was denn nun?
 
Und schon hör´ ich sie hysterisch kreischen, die Apostelinnen von Harriet:
„Höhöhö, typisch Mann! Das is' doch wieder mal total aus dem Zusammenhang gerissen!“ Und Harriet kommt nicht umhin, hier ein wenig aufzuklären:
„Nee, nee, det is” schon richtig!
Auch die Seitenzahlen stimmen.
Und außerdem:
Aus dem Zusammenhang kann man bei mir nichts reißen - weil es keinen gibt!“
Aber was soll´s?
 
Menschen, die ohne zu mucken, Sätze schlucken wie: „Bringen Sie Ihrer inneren Stimme bei, einmal den Atem anzuhalten,“ sind eh jenseits von Weizsäcker... und zur Zeit übrigens alle auf dem Katholikentag in Mainz.
Doch selbst aus diesem auf 200 Seiten breitgestampften Käsekrampf, Flitterkítsch und Zickenkappes kann man etwas destillieren, das zwar auch an Kickskacks, Plumpaquatsch und Pipifax nur schwer zu überbieten ist, aber dennoch hier nicht ganz verschwiegen werden sollte. Für den permanenten Karriere-Fight empfiehlt die Fürstin allen Frauen, von der Friseuse bis zur höchsten Firmenfuchtel, einen Haufen feinster Strategien.
Die durchschlagendste Strategie ist die der 5 Warum. Fragen Sie den Gegner, warum er das sagt, was er sagt. Welche Antwort er auch gibt, fragen Sie wieder, warum. Fragen Sie dann noch einmal warum, und sofort. Beim 5. Warum haben Sie genug Informationen.
 
Liebe Leser, Sie kennen das, nicht wahr? Von den lieben Kleinen. Egal, wie, was und warum man denen antwortet, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, da hört man schon von unten: „Warum?“
Eltern, die ihre Kinder lieben und sie nicht unnötig wegen der 5 Warums erwürgen wollen, haben in diesem Fall drei Antworten parat:
Entweder „Darum!“ oder „Guck im Brockhaus nach!“ oder „Geh nach draußen und andern auf den Sack!“ Unter mehr oder weniger gleichberechtigten Erwachsenen jedoch hilft da nur der kurze Griff zum Telephon, der Wechsel zu einem unverfänglichen Thema und warten, bis die Ambulanz da ist.
 
Doch selbst in der armseligsten Misere blitzt immer auch ein kleiner Hoffnungsschimmer. Und so fand ich in diesem Buch den wunderbaren Satz:
Ein buddhistisches Sprichwort besagt: „Du mußt das Buch schließen.“
Leider stand der nicht am Anfang.
Gute Nacht.
 
(Juni 1998)