„Tonleiter“ - 9. Saison

Kammermusik des 20. Und 21. Jahrhunderts im Wuppertaler Skulpturenpark Waldfrieden

von Johannes Vesper

Florence Millet, Gerald Hacke - Foto © Nicola Hamann

„Tonleiter“

Kammermusik des 20. Und 21. Jahrhunderts
im Wuppertaler Skulpturenpark Waldfrieden
9. Saison

Im September 2008 wurde Tony Craggs Skulpturenpark eröffnet und schon 2009 zum ersten Mal zur Konzertreihe „Tonleiter“ eingeladen. Gerald Hacke, Klarinettist im Wuppertaler Sinfonieorchester, brennt für die Musik und hat die Reihe ins Leben gerufen. Er zitiert gerne Eduardo Chillida, den spanischen Bildhauer, der auch schon im Skulpturenpark ausgestellt wurde, mit: „Man sieht gut, wenn der Blick erfüllt ist von, dem was man betrachtet“.
 
Vor ein paar Tagen wurden die 2017 anstehenden Konzerte vorgestellt. Am 04. März (19:00 Uhr) geht es los mit „Hallelujah Junction“. Der 70jährige John Adams hat seine Komposition für 2 Klaviere nach einer kleinen Raststätte an einer Kreuzung der US Nationalstraße 395 zwischen Kalifornien und Nevada genannt. Junction ist nicht ganz eindeutig zu übersetzen: Verbindung, Nahtstelle, Knotenpunkt, Kreuzung? Adams minimalistische Musik lebt von Echowirkung und Verschiebung der Rhythmen. Wie kommen die beiden Klaviere damit klar? Der Komponist John Adams ist im Tal nicht ganz unbekannt. 2005 sah man im Barmer Opernhaus seinen „Death of Klinghoffer“ und im 1. Konzert der Tonleiter-Reihe 2009 war er wie im Sinfoniekonzert am 22./23. 3. 2015 mit „Short Ride in a Fast Machine“ ebenfalls schon zu hören. Hallelujah Junction ist trotz seiner Kürze (16 Min.) ein wichtiges Werk des amerikanischen Komponisten. Er nannte seine Autobiographie nach dem Werk und fügte als Untertitel hinzu: „Composing an American life“. 2016-17 ist seine musikalische Stimme als Amerikas Composer in Residence bei den Berliner Philharmonikern zu registrieren. Majella Stockhausen und Holger Groschopp werden diesen wichtigen Kammermusikabend bestreiten. Sie treten als Klavier-Duo seit Jahren vor allem in Berlin auf, in dieser Spielzeit u.a. mit den Junctions bei den Berliner Philharmonikern.  
 
Dieser Konzertabend in der Glashalle des Skulpturenparks ist auch im weiteren Programm dem vierhändigen Klavierspiel (2 Klaviere) gewidmet. Claude Debussys Ballettmusik „Jeux“ ist sein letztes Werk und kann als Vorläufer der modernen seriellen Musik angesehen werden. Es ist selten im Konzertsaal zu hören. Die Uraufführung war ein Desaster. Auf Einzelheiten der Rezeptionsgeschichte des Balletts kann hier nicht eingegangen werden. York Höllers Klanggestalt wird man in seinem „Doppelspiel“ für 2 Klaviere erleben. Er ist dem Klavier sehr verbunden. Seine Kompositionen wurden in Kenntnis der Werke von Schönberg, Webern und Bernd Alois Zimmerman zu „absoluter Musik“ entwickelt.  So auch Arnold Schönberg. Mit seinen 5 Orchesterstücken in der Bearbeitung für 2 Klaviere von Anton Webern hatte selbst Richard Strauß trotz Elektra und Salome seine Probleme.
 

Jörg Reimers - Foto © Nicola Hamann
Im 2. Konzert der „Tonleiter“ wird am Samstag, dem 1. April (19:00 Uhr) Igor Strawinskys„Geschichte vom Soldaten (Histoire du soldat) dargeboten. Der Schauspieler Jörg Reimers wird sowohl den Soldaten wie auch den Teufel sprechen. Der Soldat hofft auf die Erfüllung aller seiner Wünsche, wenn er dem Teufel das Geigenspiel beibringt und im Gegenzug aus dessen Buch lernt, wie man Geld verdient. In der Tat wird der Soldat reich, aber auch unglücklich. Er muß, obwohl er den Teufel zwischenzeitlich mit ausreichendem Alkoholangebot völlig betrunken machen und beherrschen kann, schließlich dem Bösen folgen. Begleitet wird der Sprecher von nur 7 Musikern des Wuppertaler Sinfonieorchesters. In der Musik hört man Märsche, Volkslieder, Choräle, Tänze, alles was einen einfachen Soldaten freut. Das Stück, im Original gelesen, gespielt und getanzt, hatte Strawinsky zusammen mit dem Dichter C.F. Ramuz für eine Wanderbühne geschrieben (Uraufführung 28..09.1918 in Lausanne). Er wollte während seines Exils in der Schweiz damit sein Leben bestreiten.
 
Im 3. Konzert am 22. 04.2017 (19 Uhr) werden ausschließlich Kompositionen von Komponistinnen (insgesamt 7) zu Gehör gebracht, und unter den Instrumentalistinnen des SOW ist Gerald Hacke ein Hahn im Korb. Ursula Mamlok (1923-2016) mußte als 17jährige Deutschland verlassen und kehrte als 83jährige nach Berlin zurück. Ihr letztes Werk „Breezes“ entstand 2014/15 und gab dem Konzertabend seinen Namen. „Meine Musik ist das Abbild meiner Träume“ wird Unsuk Chin zitiert. Sie bietet dem Zuhörer mit ihrer Etüde, was geübt werden muß: Gefühle, Freude und Wärme. Verrückte Zigeunermusik (?) ist von Elena Kats-Cherinin zu erwarten (Klaviertrio Zigeunerbummel (Gypsy Ramble). Helen Grime (geb. 1983) will den romantischen Ästhetizismus des Malers J. A. Whistler (1834-1903) in Musik übertragen. Ferner sind das Streichquartett von Hannah Lash (geb. 1981) und „Liaison“ (Klarinette, Violine, Cello Klavier) von Isabel Mundry zu hören.
Die Konzerte werden von den Künstlern oder auch von Gerhard Hacke moderiert. Und das Zitat von Chillida (s.o.) muß umgeschrieben werden: Man hört gut, wenn das Ohr erfüllt ist, mit dem was hier geboten wird. Die Konzerte sind nicht gedacht für ein spezielles Fachpublikum sondern für ein interessiertes Publikum, welches an einem wunderbaren Ort (Glashalle des Skulpturenparks) Musik erleben will.


Das Ensemble - Foto © Nicola Hamann

Bei Interesse kann das musikalische Erlebnis um ein kulinarisches erweitert werden. Für 32 € pro Person gibt es nach den Konzerten mit den Künstlern einen Empfang und ein 3-Gang-Menu inklusive Wasser im Café Podest. (Anmeldung und Reservierung erforderlich (Tel. 0202 2501630 oder event@skulpturenpark-waldfrieden.de)