Ein Film voll ausgelutschter Klischees

„Shut In“ von Farren Blackburn

von Renate Wagner

Shut In
(USA, Kanada 2016)

Regie: Farren Blackburn
Mit: Naomi Watts, Oliver Platt, Charlie Heaton, Jacob Tremblay u.a.
 
Zu Beginn eine übliche dramatische Familienszene: Vater und Sohn steigen streitend ins Auto, der Sohn soll gegen seinen Willen ins Internat gebracht werden. Die Mutter bleibt betreten zurück. Schnitt: Krach während der Autofahrt, Unfall. Daß Vater tot ist und der Sohn zuhause gelähmt und schweigend im Krankenbett liegt, wird schnell klar. 
Mary, die Mutter, die eigentlich die liebende Stiefmutter (und von Beruf Psychiaterin) ist, findet sich mit ihm „Shut in“, also eingeschlossen. Selbstverständlich in einem sehr einsamen Haus in den Wäldern New Englands. Freundliche Leute, die vorbei kommen, warnen vor einem zu erwartenden Schneesturm. Dramaturgisch unnötig – der Sturm wird keine Rolle spielen. Das Grauen kommt auf die übliche Kino-Art…
 
Dieser Film mit der schönen und immer ausdrucksstarken Naomi Watts zählt leider zum drittklassigen Horror, wenn er auch dem Publikum den Gefallen tut, es am Ende nicht mit Geistern und Übernatürlichem zu belästigen, sondern mit menschlichen Übeltaten. Aber die Bösen sind im Kino ja immer so genial im Erzeugen des Schreckens, wie es in der Realität hoffentlich nicht möglich wäre.
Nun, seltsame Dinge begeben sich in dem Haus. Ein Patient von Mary, ein kleiner tauber Junge (wieder der aus „Room“ bekannte, so eindrucksvolle Jacob Tremblay) verschwindet rätselhaft, Geräusche, Erscheinungen beunruhigen sie, während der Stiefsohn (Charlie Heaton) offenbar bewegungslos ans Bett gefesselt ist und Mary schließlich doch überlegt, ihn in ein Pflegeheim zu geben. Ein Psychiater-Kollege, (Oliver Platt),  dem Mary per Skype ihr Leid klagt ist beunruhigt genug, um sich bei Wind und Wetter ins Auto zu setzen und zu ihr zu fahren.
Das bekommt ihm nicht gut, aber bis zu einem halbherzig-seltsamen Happyend begibt sich noch allerlei obligat, aber wenig interessant Schauriges, darunter Badewannen- und Fesselungsszenen, die Sadomaso-Bedürfnisse befriedigen mögen und von Regisseur Farren Blackburn (meist im TV beschäftigt, was eine gewisse Schlichtheit erfordert) einfach nur in zahllose Male da gewesener Art auf die Leinwand gebracht werden. Und, ehrlich, wer hinter dem Ganzen steckt – das kann sich auch ein naiver Kinobesucher bald denken.
 
Schade um Naomi Watts, die doch eigentlich eine bemerkenswerte Schauspielerin ist (und dabei denkt man nicht unbedingt an ihre Darstellung der Prinzessin Diana, aber sie hat schließlich auf hohem Niveau etwa mit David Cronenberg und auch unserem Michael Haneke gearbeitet): Aber Mißgriffe von Schauspielern zeigen immer, daß wohl ein Unterschied besteht zwischen einem Drehbuch, das vage Interessantes verspricht, und einem Film voll ausgelutschter Klischees. Eine müde Sache.
 
 
Renate Wagner