Apropos Transparenz

Betrachtungen über Schauspieler

von Ernst Stankovski

Apropos Transparenz
 
Schauspieler sind ja eine ganz besondere Art von Menschen. Ihr Arbeitsmaterial ist die Sprache, das Wort, und darum reden sie meist auch so gerne - vornehmlich von sich selber. (Unter besonderer Berücksichtigung der Klassiker und des Klassenkampfes, versteht sich.) Schauspieler darf man also zur Gattung der Selbstbejubler zählen, der sogenannten „Auto-Claquen“.
Zu dieser Spezies rechnet man auch die Politiker und - in besonderen Fällen - die Frauen. Und alle drei Gruppen haben etwas Gemeinsames: die übrige Menschheit redet mit Vorliebe über sie. Weil sie ja so interessant sind! Darum möchte man auch gerne Näheres über sie erfahren.
Die Frauen sind da am besten dran. Sie Wurden im Laufe der Jahrhunderte von Dichtern beschrieben, in ihren vielen schillemden Farben nachgezeichnet und manchmal sogar verewigt. Politiker werden - in ihrer einen Farbe - immerhin in Leitartikeln umrissen oder zerrissen, und sei es auch nur für den Tagesgebrauch.
Die Betrachtung des Schauspielers hingegen spielt sich vorwiegend auf der Ebene des  „Grünen Blattes“ ab. Oder auch des Goldenen - was dasselbe in grün ist. (Siehe Aufhänger bitte!) Vielleicht sollte sich die Dash-geprüfte Hausfrau, will sagen, die durch Waschmittelvergleiche kritisch gewordene Hausfrau, fragen, ob ihre Idole von Film und Fernsehen wirklich so sind, wie sie von den hübschen bunten Blättern beschrieben werden.
Sehen wir doch einmal in einem Lexikon nach. Da steht unter Schauspieler: „...wer die Gestalten der dramat. Dichtkunst auf der Bühne verkörpert.“ Eine Auskunft, die man im Zeitalter des Fernsehens und der allgemeinen Transparenz als völlig unzureichend zurückweisen muß. Da kommt Brecht dem zeitgemäßen Informationsbedürfnis schon wesentlich näher. Er sagt: „Schauspieler sind Menschen, die irgend etwas besonders intensiv tun, beispielsweise trinken oder so ...“
Aber geht es nicht noch transparenter? Da müßte ich Sie fragen, ob Sie das „Newe Curiositäten Lexicon“ aus dem Jahre 1775 kennen? Schlagen Sie bitte dort nach. Aber nicht unter S (Schauspieler), auch nicht unter C (Comedienspieler), schon gar nicht unter W (Wurst, Hans), oder F (Fahrendes Volk), sondern bei H. Hier finden Sie das Wort Hybranthropus. Das kommt aus dem Griechischen*, von Hybris = Übermuth, Frevelthat und Anthropos = der Mensch.
* Damals konnten die Hausfrauen noch Griechisch.
 
 
© Ernst Stankovski