Wir schaffen das!

Merkels Ausspruch im Spiegel der Karikatur

von Andreas Rehnolt

© Heiko Sakurai
 
„Wir schaffen das!“
Merkels Ausspruch jetzt museumsreif
 
Eine Ausstellung in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen zeigt Arbeiten
von drei bekannten Karikaturisten zur deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik
 
Sauber wie VW, Pünktlich wie die Bahn, ehrlich wie der DFB“ heißt es auf einer Karikatur von Thomas Plaßmann zum Thema Humor im Integrationskurs, seit Sonntag in der Ludwiggalerie Schloß Oberhausen zu sehen ist. Die Schau zeigt unter Angela Merkels programmatischem Satz „Wir schaffen das!“ als Titel politische Karikaturen zur Flüchtlingskrise und der deutschen sowie europäischen Flüchtlingspolitik. Auf einer der Karikatur von Heiko Sakurai geht es um Asylanträge und deren Bearbeitung. Da sitzt ein Berater einem Flüchtlingspaar gegenüber und sagt: „Die Kanzlerin hat das Integrationsgesetz deshalb als Meilenstein genannt, weil Ihr Weg zum Bleiberecht sehr lang sein wird.“
Museumsdirektorin Christine Vogt erklärte bei der Präsentation der bis zum 8. Januar angesetzten Schau: „Willkommenskultur oder Festung Europa - kaum ein anderes Thema dominiert das tagespolitische Geschehen zurzeit stärker als die Flüchtlingskrise“. Außer Karikaturen von Sakurai und Plaßmann sind auch Arbeiten des Karikaturisten Waldemar Mandzel zu sehen. Eine seiner „gezeichneten Kommentare“ zum Thema könnte angesichts des anhaltenden Streits um die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung aktueller nicht sein. Sie zeigt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Blick auf einen Garten, in dem ein einsamer Baum steht, der zusehends seine Wählergunst-Blätter verliert. Der Text dazu kurz und präzise: „Herbst der Kanzlerin“.
Alle drei Karikaturisten haben sich mit Merkels Satz und ihrem damit verbundenen Kurs einer Willkommenspolitik zu Beginn der Flüchtlingskrise auseinandergesetzt und seit gut einem Jahr die politische Situation um dieses Thema begleitet. Eine der Karikaturen mit dem Titel „Neues Land“ von Sakurai zeigt Merkel als Freiheitsstatue mit einer Tafel im Arm, auf der ihr weltberühmt gewordener Satz prangt. Auf dem Sockel ihrer Statue heißt es zudem: „Gebt mir Eure Müden, Eure Armen, Eure geknechteten Massen ....“. Der Zeichner wollte damit „den stoischen Alleingang“ der Kanzlerin darstellen, die von unzähligen Fußabdrücken Flüchtender umgeben ist.


©  Waldemar Mandzel
 
Eine Karikatur von Mandzel zeigt den deutschen Michel samt Zipfelmütze, der eine gewaltige Weltkugel versucht aufzuhalten, auf der unendlich viele Menschen das Wort „Asyl“ rufen. Eine Karikatur von Plaßmann zeigt eine Vierergruppe von Flüchtlingen, der neben Eiern, Früchten und Gemüse auch Messer, brennende Fackeln, Haß und Hetze entgegengeschleudert werden. Der Text dazu besteht aus nur einem einzigen Wort: „Dunkeldeutschland.“ Ähnlich auch eine Zeichnung von Plaßmann, die Flüchtlinge bei der Asylberatung zeigt. Der Beamte erklärt: „Ihr Schicksal rührt mich.“ Die Antwort der Flüchtlinge: „Oh Gott, kommen wir nach Sachsen?“
Die im Ruhrgebiet gebürtigen Karikaturisten gehören zu den herausragenden Vertretern der aktuellen politischen Karikatur in Deutschland. Alle drei verstehen sich - wie sie am Donnerstag betonten - mit ihrer Kunst als „Kommentatoren.“ Vielfach stellen sie ihren Bildern nur ein oder mehrere Worte hinzu. „Die Bilder sprechen ja schon für sich selbst“, sagte Mandzel. Von Plaßmann stammt eine Karikatur, die eine junge Frau auf der Polizeiwache zeigt. In Anspielung auf die Silvester-Übergriffe in Köln im vergangenen Jahr sagt die junge Frau bei ihrer Anzeige: „Ich bin begrapscht worden.“ Die Antwort des Polizeibeamten: „Nordafrikaner, oder bloß so?“
Natürlich fehlt auch das Mittelmeer nicht in der Ausstellung. Schließlich ertrinken bis heute immer wieder ungezählte Menschen bei der Flucht. Da zieht eine Kolonne von vollen Flüchtlingsbooten auf der Karikatur von Plaßmann zum Thema Obergrenze für Flüchtlinge am Horizont vorbei. Auf der Brücke eines großen Schiffs steht der Kapitän und ruft ihnen durch das Megafon zu: „Wir haben dicht gemacht. Bitte kehren Sie um und erwarten Sie die Verbesserung Ihrer Lebensverhältnisse in Ihren Heimatgebieten.“


©  Thomas Plaßmann
 
Die Karikaturisten selbst waren voll des Lobes für ihre jeweiligen Kollegen. „Sehr überzeugend, auf welche verschiedenen Arten wir das Thema bearbeiten“, meinte Plaßmann. Und Sakurai bekannte offen und ehrlich: „Da bin ich manchmal richtig neidisch auf eine bestimmte Idee der Umsetzung und manchmal auch echt deprimiert“. Und Mandzel betonte: „Die Flüchtlingsströme gehen weiter“, das sind gute Zeiten für Karikaturisten. Wir müssen nur aufpassen, daß wir uns nicht wiederholen.“ Erstmals werden ihre Arbeiten, mit denen sie sich in schar­fem, aber auch liebevoll witzigem Ton zum hochaktuellen Thema Flüchtlingskrise äußern, in einer Museumsausstellung präsentiert.
 
Die Ausstellung ist bei freiem Eintritt dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.
Kontakt: Ludwig Galerie Schloß Oberhausen - Konrad-Adenauer-Allee 46 - 46049 Oberhausen - Tel: 0208 - 41249-28
 
Redaktion: Frank Becker