Wieder unterwegs

Hannes Wader - "Mal angenommen"

von Frank Becker

Woll´n doch mal seh´n...

Woll´n doch mal seh´n, was der Hannes Wader so macht. Zunächst: Er ist sich treu geblieben. Wie oft haben wir in den 70ern seine Platten gespielt, mitgespottet, mitgelitten und mitgesungen. Seine Lieder waren Hymnen: "Das Bier in dieser Kneipe" (bis heute eines der echtesten Bekenntnisse), die "Arschkriecher- Ballade" (leider gültig bis auf den Tag), die wundervolle Ballade "Ich hatte mir noch so viel vorgenommen", die unerreichte "Langeweile" oder der Sehnsuchts-Song "Unterwegs nach Süden". Über das Schwein "Monika", den "Tankerkönig" und "Frau Klotzke" haben wir uns schief gelacht. Jetzt ist Hannes Wader allen Befürchtungen und vielleicht gar eigenem besserem Wollen zum Trotz auf Drängen anderer wieder mit eigenen Liedern da.

Gleich der Opener zeigt den alten Wader, den seine Freunde erwartet haben. Ohne Kompromisse, unbestechlich im Gedanken, unverbogen im Wort und ohne Kniefall vor dem Kommerz: "Politik (mal angenommen...)" - ein Lied, das all denen eine Lehre erteilt, die glauben, den Barden der Gedankenfreiheit für sich reklamieren zu können. Sogar stimmlich sind die verflossenen gut 30 Jahre ohne  Spuren geblieben. Er ist bockig, "...denn von Anfang an bis heute, esse ich das Brot der kleinen Leute - also singe ich ihr Lied". Das tut der Liedermacher in bester Tradition eines Arlo Guthrie im Folk- und Country-Sound, brillant begleitet von Nils Tuxen. Hannes Wader ist der melancholische Geschichtenerzähler geblieben, der von den täglichen Kleinigkeiten singt, ein wenig flunkert und doch bei der Wahrheit bleibt. Ein Fingerpicker von Gnaden ist er und es scheint kein einziger Fingerschnipp vergangen zu sein, seit er das "Rohr im Wind", "Strenge Gesellen" und den "Talking böser Traum Blues" gesungen hat. Sein Vibrato, das typische Timbre ist da, und die Botschaften der vergangenen Jahrzehnte manifestieren sich in "Der hölzerne Brunnen".

Wer ihm unterstellt, ein gestriger Klassenkämpfer zu sein, irrt gewaltig. Leuten wie Hannes Wader, Hermann van Veen oder Robert Long sollte man aufmerksam zuhören, hätte man schon lange zuhören sollen. Seit der große Moralist Hanns Dieter Hüsch tot ist, liegt die Last der Mahnung allein auf Sängern wie Wader. "Sand ins Getriebe" kann hilfreich sein. Sein "Mal angenommen" ist ein großartiges Album in seiner eigenen Sprache und Tradition, gekrönt von der Familiensaga "Familienerbe", in der er balladesk die Geschichte seiner Familie erzählt. Jeder, der Hannes Wader kennt und mag, oder mal wieder ein ehrliches Wort hören möchte (bei all den Merkels und Münteferings, Schröders und Kochs, Becks, Gysis & Co. ist das Wort "Wahrheit" pervertiert und bei uns die Sehnsucht nach einem klaren Blick gewachsen), ist mit dieser CD inhaltlich bestens bedient und zudem musikalisch brillant unterhalten. Es gibt eben kein richtiges Leben im Falschen.
Dankenswert auch die Booklet-Gestaltung mit den Texten im Wortlaut zum Mit- und Nachlesen.   


Beispielbild

Hannes Wader
Mal angenommen

Hannes Wader  -  Gesang und Gitarre
Benjamin Hüllenkremer  -  Baß und Fretless Baß
Felix Behrendt  -  Kontrabaß
Hakim Ludin  -  Percussion
Ben Ahrens  -  Percussion
Nils Tuxen  -  Gitarre, Mandoline, High String Guitar, Dobro und Pedal Steel Guitar

Produziert von Hannes Wader und Ben Ahrens

© - (P) 2006 Pläne Records

Titel:
1. Politik (Mal angenommen...) 5:08
2. Blues in F   4:56
3. Der hölzerne Brunnen   5:29
4. En roulant ma boule   4:21
5. Schwestern, Brüder...   4:19
6. Trotz alledem (III)   3:55
7. Gewalt   8:52
8. Gute Tage   7:14
9. Der Weissdornbusch   5:39
10. Familienerbe   16:18

Gesamtzeit:  1:06:24


Weitere Informationen unter:

www.plaene-records.de
www.HannesWader.de