Charlie Parker revisited

Axel Fischbacher Quintet – „Five Birds“

von Frank Becker

Cover: Claudia Fischbacher
Charlie Parker revisited
 
Mit „Au Privave“, einem nervösem Start, und mit dem etwas anstrengenden, nichtsdestoweniger höchst virtuosen „Now´s The Time“, die allerdings beide schon ambivalent das immense Fingerspitzengefühl des Gitarristen Axel Fischbacher und seines neu formierten Quintetts demonstrieren, tauchen wir in eine neu gedachte Charlie-Parker-Welt ein. „Bird“ nannte man den Altsaxophonisten (1920-1955), der bis heute als „Erfinder“ des Bebop gefeiert und verehrt wird und unbestritten ein Gigant des Jazz ist, und folgerichtig nennen sich die Fünf, die hier Parkers Spuren aufnehmen für das Album „Five Birds“.
Und weil der frühe Vogel, Sie wissen schon …, wollen wir unter den ersten sein, die dieses brillante Album vorstellen. Axel Fischbacher hat neun der populärsten Titel Charlie Parkers, bzw. solche, mit denen er Erfolg hatte, zusammengestellt und arrangiert. Auffällig ist dabei, daß jene, die auch heute noch am eingängigsten sind, entweder von anderen Komponisten stammen („Laura“, „Lover Man“) oder in Zusammenarbeit mit anderen entstanden sind („Donna Lee“, „Ornithology“). Unsterblich wurden sie allerdings durch Parkers Performance. Das Axel Fischbacher Quintet nähert sich den Stücken mit großem Respekt, straight und mit eigener Sprache. Bewußt wird Parker, auch und besonders von Denis Gäbel, nicht kopiert, sondern ins Heute übersetzt. Das ist in vollen Album-Umfang gelungen.
„Ich wälze dieses Projekt, ‘mein Charlie Parker Album‘, schon fast 20 Jahre, sagt Axel Fischbacher. „Ich habe es immer wieder verschoben, war noch nicht ‘ready‘ mich da heranzutrauen. Herantrauen ist hier schon der richtige Ausdruck. Immerhin ist der Mann einer der Erfinder des Bebop und einer der legendärsten Virtuosen des Jazz überhaupt!“
 
Um sich der Musik Charlie Parkers authentisch zu nähern, ist Axel Fischbachers neue Produktion bewußt mit technischen Methoden und Mitteln aufgenommen worden, wie sie zu Charlie Parkers Zeit zwischen 1945 und 1955 üblich waren: live im Studio, direkt auf den Tonträger, ohne Overdubs und Schnitte. Die zeitlose Musik Parkers läßt Axel Fischbachers „New Quintet“ ohne modische Arrangiertricks und oder „Groovejazzloops“, wohl aber im akustischen Kleid des Jahres 2016 auferstehen, denn die tonale und rhythmische Bearbeitung in Fischbachers Arrangements sowie die Soli lassen die Band „strictly contemporary“ klingen. Fischbacher: „Charlie Parkers Musik ist niemals dunkel, bedeutungsschwer oder dramatisch. Sie bezieht ihr Drama ausschließlich aus dem Blues, hat aber immer Leichtigkeit und viel Humor!“

Mein Lieblingsstück des Albums ist, wie auch anders, das mit einzigartiger Delikatesse eingespielte zauberhafte „Laura“ von David Raksin, in dessen 6:27 Minuten sich alle Solisten ganz besonders als die Feingeister zeigen können, die sie natürlich im ganzen Album sind. Das könnte ich in Endlosschleife hören.
Anspieltips: „Donna Lee“, „Laura“, „Ornithology“, „Lover Man“
Eine Empfehlung der Musenblätter.
 
Axel Fischbacher Quintet – „Five Birds“
Das Axel Fischbacher Quintet spielt Charlie Parker
© 2016 Jazzsick Records
 
Axel Fischbacher (g) – Denis Gäbel (as, ts, cl) – Matthias Bergmann (flh) – Nico Brandenburg (b) – Tim Dudek (dr)
 
Titel (in Klammern die Entstehungsdaten, Co-Komponisten und fremden Komponisten):
1. Au Privave (1951) – 2. Now´s The Time (1945) – 3. Segment (?) – 4. Donna Lee (1947 + Miles Davis) – 5. Laura (David Raksin 1945) – 6. Moose The Mooche (1946) – 7. Ornithology (1946 + Benny Harris) – 8. My Little Suede Shoes (1951) – 9. Lover Man (Jimmy Davis 1941)
 
Gesamtzeit: 54:15
 
Weitere Informationen: www.jazzsick.com  -  www.axelfischbacher.com