Hier hält die Stille

Grünau im Almtal - Wandern, „Bird-Watching“ und Exkursionen

von Frank Becker

Waldrapp - Foto: Grünau
Hier hält die Stille
 
Grünau im Almtal
Wandern, „Bird-Watching“ und naturkundliche Exkursionen
u.a. auf den Spuren von Konrad Lorenz
 
Im Tal des Flüßchens Alm mit seinen Eisvögeln, Flußuferläufern und Wasseramseln und dem 85 ha großen See, auf dem Haubentaucher, Höckerschwäne und Reiherenten ihre Heimat haben und in dem sich Saibling, Koppe und Forelle tummeln, gibt es wegen des fehlenden Durchgangsverkehrs kaum Lärm. „Hier hält die Stille“, schrieb Adalbert Stifter schon vor 150 Jahren nach einem Besuch. Daran hat sich an diesem romantischen Flecken Erde im Salzkammergut bis heute nicht viel geändert. Bekannt wurde das abgelegene Almtal, die flächenmäßig größte Gemeinde Oberösterreichs, mit gerade mal 2.000 Einwohnern auf 230 qkm und dem Mittelpunkt Grünau im Jahr 1973. Damals wurde dem durch seine Graugänse berühmt gewordenen Verhaltensforscher Konrad Lorenz für seine Grundlagenforschung der Nobelpreis verliehen.
Aus Anlaß seines 100. Geburtstags entwickelte das Almtal von 2003 an für Erholung Suchende und Vogelfreunde ein neues attraktives Programm: neben den gezählten 193 frei lebenden Vogelarten, darunter Großvögel wie Schwarzstorch, Reiher, Auerhuhn und Steinadler und den kleinsten Vertretern Zaunkönig, Zilp-Zalp, Sommergoldhähnchen und Sperlingskauz werden die Graugänse und zwei weitere Vogelarten vorgestellt, die für die Forschung von Bedeutung sind: der Waldrapp (Geronticus eremita) und der Kolkrabe (Corvus corax). Die vier Stationen: Konrad Lorenz-Forschungsstelle, Flugplatz Scharnstein, Cumberland-Wildpark und die „Waldschule“ bieten Naturfreunden, Bergwanderern (Spazier- und Wanderwege von 527-2515 m Seehöhe) und Vogel-Beobachtern das ganze Jahr hindurch faszinierende Einblicke. 65 Millionen so genannte Bird-Watcher sind weltweit organisiert, und die reiselustige Gemeinde nimmt zu. Das Almtal ist für sie ein wahres Paradies. Ornithologe Norbert Pühringer führt kundig durch das Tal, dessen Vogelwelt er seit vielen Jahren fotografiert und in Fachpublikationen vorstellt.


Rotwild im Cumberland-Naturpark - Foto © Frank Becker


Die Graugänse sind neben den Schimpansen die einzige Tiersozietät, die seit über 50 Jahren durchgehend wissenschaftlich beobachtet wird.

Graugans - Foto: Grünau
Beider Sozialverhalten läßt Vergleiche mit dem des Menschen durchaus zu. Seit 1990 erläutern Leiter Professor Kurt Kotrschal und seine Mitarbeiter der Konrad Lorenz Forschungsstelle (klf.univie.ac.at/de/das-institut/gruenau/)bei Führungen Besuchern seine aktuellen Versuchsreihen. Am Flugplatz Scharnstein nahe Grünau sitzt Johannes Fritz am Steuerknüppel eines Leichtflugzeuges und knattert als Ersatzmutter durch die Lüfte, gefolgt von „seinen“ Waldrappen. Diese nach 350 Jahren ersten frei fliegenden Exemplare ihrer in Europa seit dem Mittelalter ausgerotteten Gattung (nur in Marokko gibt es noch eine Population von 200 Exemplaren) aus der Familie der Ibisse haben mit dem Motorlärm keine Problem, weil sie am Rande des Mini-Flughafens groß geworden sind. Die in Gefangenschaft aufgewachsenen hühnergroßen Zugvögel müssen das Auffinden des Winterquartiers in Italien üben - einmal gelernt, klappt es ein Leben lang. Gästen wird regelmäßig über die Arbeit der Verhaltensforscher dort berichtet. (http://waldrapp.eu).

In diesem Jahr will das Waldrappteam erstmals mit doppelt so vielen Vögeln fliegen wie bislang: 31 junge Waldrappe sollen in einer Formation mit zwei Fluggeräten von Seekirchen am Wallersee aus über die Alpen bis in die Toskana geführt werden.

Der Almtaler Cumberland-Wildpark beherbergt auf 60 ha Fläche rund 70 Tierarten, darunter Gemsen, Rot- und Damwild, Bär, Luchs und Wolf, dazu Geier, Uhus und seltene Eulen. Auch Wisent und Urwildpferd, Elch und Steinbock sind in den Freigehegen vertreten.
In der Viechtwanger Voliere der Biologin Dr. Gertrude Drack (http://www.rabekraxi.at/) hat der von ihr aufgezogene Rabe Kraxi bereits etliche Generation Nachwuchs gehabt. Kumpel
Arthur lebt nicht mehr. Wie alle von Hand aufgezogenen Raben hielten sie, auch in die Freiheit entlassen, den Kontakt zum Menschen. Ehemann Karl Drack wurde vor fast 20 Jahren von Kraxi und Arthur einmal von einem Baum weggelockt, in den kurz darauf ein Blitz einschlug. 2004 wurde hier ein neues Forschungsprogramm mit Raben und Dohlen zum Testen ihrer intellektuellen Fähigkeiten begonnen. Schirmherr der wissenschaftlichen Arbeit im Almtal ist übrigens Prinz Ernst August von Hannover, der dort umfangreichen Grundbesitz hat und die Forschungsprojekte großzügig unterstützt.


Rabe Kraxi mit Haribo - Foto © Frank Becker
 

Quartier:
Gediegene einfache oder gehobene Unterbringung sowie vorzügliche Küche oder gute solide Kost stehen wahlweise in 21 Hotels, Gasthöfen, Pensionen und Wanderhütten zur Verfügung.
Anreise:
Bahnhof Grünau über Wels in Oberösterreich erreichbar, Busverbindung mit Gmunden am Traunsee, PKW - Autobahn Salzburg - Wien A1 Abfahrt Voralpenkreuz A9 oder via A8 Passau - Wels. Zum Flughafen Linz an der Donau: 55 km.
Informationen:
Tourismusverband A-4645 Grünau im Almtal, Tel. 0043-7616-8268, Fax -8895.